Harz-Tour

08.09.2014

Der Harz. Kleinod der Mittelgebirge. Meine Heimat. 🙂

Bis vor kurzem eine einzige große Ladewüste mit nur ganz wenigen Oasen mit nur kleinen Brunnen: 11kW in Goslar, 11kW in Osterode. Nicht wirklich tourentauglich, wenn man nach der Anreise nicht erstmal drei Stunden mit Laden verbringen will.

Während der Ostharz anscheinend das touristische Potenzial der Elektromobilität verpennt, regt sich aber nun was im Westharz: HarzEnergie hat gerade eine 22kW-Ladestation am Parkplatz Torfhaus errichtet. Die will ich mir anschauen und das gleich mit einem Verwandtenbesuch in Elbingerode (Harz) verbinden.

Hannover – Harz (bislang)

Die ersten paar Monate, als ich die ZOE neu hatte, bin ich gar nicht mit ihr in den Harz gefahren: Hin & zurück ist die Strecke ohne Zwischenladung zu lang und ohne Schnellladung mit mindestens 22kW vor Ort wird das an nur einem Tag sehr langwierig.

Dann kaufte sich Nik aus dem GoingElectric-Forum, der am nördlichen Harzrand wohnt, eine ZOE und installierte bei sich zu Hause eine 22kW-Ladestation. Diese stellt er privat Durchreisenden, die er kennt, zur Verfügung. Damit wurde er sofort für alle aus nördlicher Richtung kommenden E-Fahrer/innen das elektromobile Tor zum Harz. 🙂

Von mir zu Hause bis zu ihm sind es ca. 96 km. Das ist auch im Winter mit der ZOE locker zu schaffen. Dann dort ein knappes Stündchen aufladen reicht für weiter rein in den Harz, die benötigten Wege im Harz und den Rückweg bis zur Ladestation in Wolfenbüttel. Da nochmal nachgeladen komme ich dann entspannt bis nach Hause.

Torfhaus testen

Nun mit einer 22kW-Ladestation am Parkplatz Torfhaus wird der Harz schlagartig nochmal ganz anders elektrisch erreichbar und befahrbar.

Von mir zu Hause bis Torfhaus sind es knapp 130 km. Im Flachland würde ich das locker ohne Zwischenladung schaffen. Aber es sind über 700 Höhenmeter zu erklimmen. Das wird in einem Rutsch leider nicht gehen. Aber vielleicht reicht ja eine kurze Zwischenladung?

Ich muss da auf jeden Fall erstmal rauf und testen, was oben noch so im Akku übrig ist.

Tourenplanung

Ich beschließe, mich dem Harz und speziell Torfhaus von Westen her zu nähern. Dann kann ich nämlich gleich mal ohne allzu großen Umweg die ebenfalls erst kürzlich errichtete Kombiladestation in Einbeck in Augenschein nehmen und dort zwischenladen.

Von Einbeck aus dann über Bad Gandersheim und Clausthal-Zellerfeld hoch zur Ladestation Torfhaus, während des Ladens schön mit meiner Hündin spazieren gehen, danach zu meinen Verwandten in Elbingerode (Harz) und von dort aus abends über Wolfenbüttel wieder nach Hause.

Geplant, getan. Am Samstag, dem 6. September 2014 mache ich mich auf.

Hannover – Einbeck

Ich fahre über die B3, was sich als ungünstig herausstellt: Eine baustellenbedingte Umleitung nach der anderen macht die Fahrt länger als veranschlagt. Aber ich habe ja Zeit. 🙂

Gegen zwanzig vor Zehn erreiche ich den PS.Speicher in Einbeck. Die Kombiladestation fällt sofort ins Auge:

Elektroladestation Einbeck

Auffällig ausgeschildert, großer Parkplatz, alles frei – super.

Sooo müssen Ladestationen: AC, CHAdeMO und CSS bedienen alle gängigen Standards. Klar, die Leistung dürfte ruhig noch größer sein. Insbesondere für die DC-Fraktion wäre das Doppelte gerade richtig, und meine ZOE hätte auch nichts gegen eine Verdopplung der Ladeleistung einzuwenden.

Ich muss nichts freischalten, der Strom ist kostenlos (vielen Dank dafür) – ich wähle am Touchscreen der Ladestation die passende Elektronahrung für die ZOE (22kW AC),

Lademenü Einbeck

verbinde sie mit dem passenden Stecker der Ladestation (sehr bequem, da ich mein eigenes Ladekabel nicht erst auspacken muss)

Einbeck Ladestecker

und die Ladung beginnt.

ZOE startet um 9:40 Uhr bei 47% SOC und veranschlagt 40 Minuten Ladedauer. Ich laufe derweil eine Runde mit meiner Hündin.

Laden in Einbeck

Einbeck – Torfhaus

Dann kommt der spannende Teil. Um 10:17 beende ich die Ladung bei 99% und auf geht’s Richtung Torfhaus. Hier die Strecke:

Strecke Einbeck-Torfhaus

Rund 723 Höhenmeter auf ungefähr 75 km Strecke. Angenehm zu fahren, das Wetter ist schön, die Landschaft ein Traum. Um 11:40 Uhr bin ich oben.

Fahrprofil Einbeck-Torfhaus

Bei Ankunft zeigt die ZOE eine Restreichweite von 66 km an:

Display: Restreichweite am Torfhaus

Bei Ladebeginn sehe ich auch den SOC: 48% (siehe Ladeprotokoll weiter unten). Nicht schlecht für die erklommene Höhe.

Die Ladesäule lässt sich unkompliziert mit einer beliebigen RFID-Karte (alternativ: neuester Personalausweis) freischalten. Der Ökostrom ist derzeit kostenlos (sponsored by HarzEnergie). Vielen Dank dafür!

Während ZOE lädt, drehen wir wieder eine schöne Hunderunde.

Laden am Torfhaus

Leider hängen am Torfhaus die Wolken so tief, dass wir den Brocken nicht sehen können. Als wir die Hunderunde beenden, erwischt uns beinahe noch ein starker Regenschauer, aber wir schaffen es rechtzeitig ins Auto. Dem Ladevorgang macht Regen übrigens nichts, alle Kabelverbindungen sind wasserdicht.

Etwa zwanzig Minuten nach Zwölf breche ich den Ladevorgang bei 99% wieder ab und schaue mal auf den Zähler an der Säule:

Zählerstand Ladesäule Torfhaus

Links 13 kWh, rechts 17 kWh – süß. Da bin ich wohl noch einer der ersten, die hier laden gekommen sind. Ich hatte die ZOE auf der rechten Seite angestöpselt und den Zählerstand mal eben mehr als verdoppelt. 🙂

Torfhaus – Elbingerode (Harz)

Auf geht’s über Braunlage, Elend und Königshütte nach Elbingerode (Harz).

Torfhaus - Elbingerode (Harz)

Das sind ungefähr 30 km und es geht ca. 350 Höhenmeter herunter.

Als ich am Torfhaus losfahre, zeigt ZOE eine Reichweite von 141 km an.

Gegen 12:50 Uhr komme ich in Elbingerode an – und ZOE zeigt immer noch eine Reichweite von 141 km an. 🙂 Das ist effiziente Energieausnutzung und -rückgewinnung. Sowas geht mit keinem Verbrennungsmotor.

Fahrprofil Torfhaus - Elbingerode (Harz)

Ich verbringe einen angenehmen Nachmittag bei meinen Verwandten. Natürlich sind Elektroautos ein Thema, über das wir reden. Wir machen auch eine Probefahrt: Einmal kurz nach Drei-Annen-Hohne und zurück, das sind ca. 10 km. Das lautlose Dahingleiten und die Beschleunigung aus dem Stand beeindrucken. Ich habe ja sowieso das Elektromobilistenlächeln im Gesicht. 🙂

Gegen 18 Uhr mache ich mich auf den Heimweg. Eigentlich hatte ich vor, nochmal kurz in Ilsenburg vorbeizufahren, um die neue Ladesäule am Landhaus Rothe Forellen zu fotografieren. Aber dann habe ich doch keine Lust dazu, will lieber schnell nach Hause kommen.

Ich fahre über Wernigerode auf die B6 und dann auf die A395 Richtung Braunschweig. In Wolfenbüttel will ich nochmal zwischenladen. Aber als ich dann auf der B6 bin und meine Restreichweite so anschaue… Spaßeshalber ändere ich die Routenplanung und gebe direkt mein Zuhause als nächstes Ziel ein – und siehe da, die Strecke ohne den Schlenker über Wolfenbüttel ist 10 km kürzer als meine Restreichweite!

Na das sollte doch mit meinen Erfahrungen aus Hilden gar kein Problem sein, zumal es ja auch immer noch herunter geht. Ich beschließe also, ohne weitere Zwischenladung direkt nach Hause zu fahren.

Getreu dem Motto: „Langsamer ist schneller” (weil ich dann keine Ladepause machen muss) stelle ich den Tempopiloten auf 90 km/h und gleite entspannt in den Abend. Ein heftiger Regenschauer auf Höhe Ilsenburg lässt mich doch mal öfter zur Reichweitenanzeige schauen, aber noch vor der Auffahrt auf die A395 bin ich da raus. Den Rest der Fahrt genieße ich einen leicht verschleierten Sonnenuntergang.

Elbingerode (Harz) - Benthe

Persönlicher Reichweitenrekord

Kurz nach 20 Uhr komme ich mit 13% SOC und einer Restreichweite von 21 km zu Hause an. Der Tageskilometerzähler, den ich am Torfhaus genullt habe, zeigt 172,6 km. Da hätte ich ja fast die 200 knacken können. 🙂

Display ZOE Ankunft Benthe

Ja, was so ein bisschen Gefälle ausmacht. 😉

Fahrprofil Elbingerode (Harz) - Benthe

Die nächste Ladung bekommt meine ZOE am Sonntag früh.

Hier noch das Ladeprotokoll der Tour:

Ladeprotokoll Harz-Tour

Fazit

Die neue Ladestation am Parkplatz Torfhaus ist an einem der höchsten befahrbaren Punkte des Harzes genial platziert. Von dort aus ist praktisch der ganze Harz elektrisch ohne Reichweitenverluste erreichbar. Es geht ja in alle Richtungen nur bergab. 🙂

HarzEnergie baut bereits die nächsten 22 kW-Ladestationen in Herzberg und Braunlage. Dann werden elektromobile Harz-Touren wirklich komfortabel. Der Ostharz zieht hoffentlich bald mal nach. Wernigerode?!

Wernigerode

07.09.2014

Schloss Wernigerode

Meine Lieblingsstadt im Harz, Ort meiner Jugend und lange zurückliegenden Abiturzeit: Wundervolles Rathaus, tolles Schloss, romantisches Fachwerk in der Innenstadt wohin das Auge blickt.

Ein Ort, wie geschaffen für Touristen – und was ist mit Ladestationen?

Renault sagt nein

Als ich Anfang dieses Jahres im Internet nach Ladestationen in Wernigerode suche, finde ich einen (inzwischen gelöschten) Eintrag in einem Ladestationsverzeichnis, der einen 22kW-Ladepunkt bei einem ortsansässigen Renault-Händler beschreibt.

Ich rufe dort an und erhalte die Info, dass die Ladesäule nur intern genutzt wird und Durchreisenden leider nicht zur Verfügung steht. 🙁

Ehrlich, ich verstehe es nicht. Wie will man mit so einer Einstellung Elektroautos verkaufen? Will man anscheinend nicht.

Ladestationen der Stadtwerke Wernigerode

Im einigen Ladestationsverzeichnissen sind auch zwei Ladesäulen der Stadtwerke Wernigerode aufgeführt, allerdings nur mit je einem(!) Schuko-Anschluss ausgewiesen. Auf Nachfrage stellt sich jedoch heraus, dass beide Stationen auch je einen 22kW-Typ-2-Anschluss haben. Na bitte!

Hocherfreut poste ich einen entsprechenden Hinweis im GE-Forum, woraufhin sich direkt jemand mit einer ZOE von Braunschweig aus auf den Weg macht, diese Säulen für’s Verzeichnis zu fotografieren und zu testen.

Es stellt sich heraus: ZOEs laden an diesen Stationen nicht. 🙁

Es sind alte Siemens-Säulen (CP700A) von 2011. Die Stadtwerke Wernigerode – Betreiber der Säulen – schreiben mir dazu im März 2014:

Ladesäule Siemens CP700A

„Nach Rücksprache mit Siemens ist das Ladeproblem mit dem Renault ZOE bereits bekannt. Es liegt an der besonderen Ladecharakteristik des Fahrzeuges.

Beim 3-phasigen Laden über Stecker Typ 2 wird mit einem niedrigen Anfangsladestrom begonnen und dann über die Kommunikationsschnittstelle zwischen Fahrzeug und Ladesäule schrittweise auf das mögliche Maximum erhöht.

Beim Renault ZOE liegt der vom Fahrzeug benötige bzw. geforderte Anfangsladestrom über den derzeitigen Sicherheitseinstellwerten in den Siemensladesäulen von 2011.

Nach Aussage von Siemens ist man allerdings dabei, dieses Problem gemeinsam mit Renault zu lösen. Erste Tests laufen wohl dazu bereits in Österreich.

Sobald es eine saubere Lösung gibt, will Siemens an uns herantreten.”

Meine diesbezügliche E-Mail an Siemens wird leider nicht beantwortet. Die avisierte Lösung scheint bislang nicht in Sicht.

 

Ei und Henne

Nicht ganz zu Ende durchdacht scheint mir auch die Handhabung der Ladestrom-Abrechnung und die Freischaltungsmethode durch die Stadtwerke WR:

Sie bieten einen für Ortsansässige sicher attraktiven Vertrag an, mit dem man für eine Jahrespauschale von aktuell 72,- € (brutto) eine Lade-Flatrate bekommt, also so oft und so viel laden kann, wie man möchte.  Die Säulen werden dann per Tankkarte bzw. Chip freigeschaltet.

Das ist an sich wunderbar, aber was machen Touristen, die nur einige wenige Male im Jahr laden wollen? Die werden sicher keinen Jahresvertrag abschließen und 72,- € für eine Handvoll Ladungen berappen wollen.

Hier zeigen sich die Stadtwerke kulant und sagen:

„Wenn es sich nur um Einzelfälle handeln sollte, besteht auch die Möglichkeit unter der Telefonnummer 03943 / 556-111 die Ladesäule von einem Stadtwerkemitarbeiter zum An- und Abklemmen öffnen zu lassen.”

Zum An- und Abklemmen – dieser Mitarbeiter muss also je Ladevorgang zwei Mal gefahren kommen. Wenn es sich um die Ladesäule in Hasserode handelt, sind das etliche Kilometer. Das scheint mir doch sehr umständlich und auch unökonomisch. Was für ein Aufwand!

Vermutlich haben die Stadtwerke das nur deshalb noch nicht satt, weil der Fall zu selten eintritt. Und der Fall tritt deshalb so selten ein, weil von den aktuellen Elektroautos außer der Renault ZOE nur Tesla Model S und Smart ED mit Zusatzlader überhaupt an AC-Ladepunkten schnellladefähig und damit fernreisefähig sind. Alle anderen kommen gar nicht erst in vertretbarer Reisezeit bis in den Harz. (DC-Ladestationen gibt es bislang dort keine.)

Wenn nun von diesen drei Modellen auch noch eins (die ZOE) komplett wegfällt, weil sie ja an diesen Säulen nicht laden kann, dann kann man die Gelegenheiten, an denen E-Touristen in Wernigerode laden kommen, im Jahr sicher an einer Hand abzählen.

Irgendwann werden dann die Säulen wieder abgebaut mit der Begründung, es wären ja nicht genug E-Autos zum Laden gekommen.

Aaaaaaah!

E-Touristen? Nein danke.

Eine Stadt wie Wernigerode, die zum großen Teil vom Tourismus lebt, müsste doch das Potenzial, das Elektroautofahrer für den Umsatz des Hotel- und Gaststättengewerbes darstellen, erkennen? Eine solvente Zielgruppe, die noch dazu umweltfreundlich anreist – und mindestens die Ladepause überbrücken muss…

Am Jahresanfang, als mein missionarischer Eifer noch groß ist, schreibe ich u.a. die Wirtschaftsförderung und die Tourismus-Zentrale in Wernigerode an. Auch einige Hotels/Landhäuser, in denen ich schon öfter übernachtet habe. Die Reaktion ist gleich null. Ich werde nicht mal einer Antwort gewürdigt. Was soll man davon halten?

Lichtblicke

Ich schreibe auch das Kloster Drübeck an. Liegt zwischen Wernigerode und Ilsenburg.

Zu Beginn unserer Korrespondenz gibt es die klassischen Missverständnisse („Ich denke, dass das deutsche Tankstellennetz gut ausgebaut ist und von dort natürlich auch die „Betankung“ von Elektroautos zu deren Aufgabe gehört. Hier in Drübeck ist z. B. ca. 500 m entfernt eine Tankstelle, die das für den Ortsteil Drübeck sehr gut übernehmen kann.” – Nein, so funktionieren Elektromobilität und Kundenbindung nicht.) Aber es gibt immerhin Korrespondenz. Und siehe da, nach einiger Zeit:

„[…]ich habe gute Nachrichten. Ihr Anliegen wird in den bald beginnenden Ausbau/Erweiterung unseres Parkplatzes aufgenommen.”

Abgesehen davon, dass es ja eher deren als mein Anliegen sein sollte – wunderbar!

Auch das Landhaus „Zu den Rothen Forellen“ in Ilsenburg hat inzwischen eine Ladestation installiert. Die hat zwar nur eine Ladeleistung von 11kW und darf auch nur von Hotelgästen und Gaststättenbesuchern/innen genutzt werden, aber dafür ist der Ladestrom kostenlos.

Und wie mir der Betreiber mitteilt:

„Wenn Sie während Sie tanken bzw. laden z.b. einen Kaffee trinken, wären Sie schon unser Gast und Sie können den Service in Anspruch nehmen.”

Vorläufiges Fazit

Wernigerode – der Ostharz überhaupt – verschenkt Potenzial und verpennt eine große Chance. Ich kenne etliche Elektroautofahrer/innen, die gern öfter in den Harz fahren würden, wenn es denn strategisch gut platzierte Schnellladesäulen geben würde.

Der Westharz hat die Zeichen der Zeit besser erkannt. HarzEnergie hat gerade eine 22kW-Ladestation am Parkplatz Torfhaus errichtet. Der Ladestrom dort wird bis auf Weiteres kostenlos abgegeben. Weitere 22kW-Ladestationen werden in Kürze auch in Herzberg und Braunlage zur Verfügung stehen.

Wenn der Ostharz auch E-Touristen abhaben will, muss er langsam mal nachziehen.