Offener Brief an CARB

18.12.2015

Offener Brief an die Vorsitzende des California Air Resources Board (CARB), Mary Nichols

(Übersetzung des englischsprachigen Artikels „An Open Letter To California Air Resources Board Chairman Mary Nichols”. Ins Deusche übertragen von Stephan Hilchenbach)

Der VW-Abgasskandal ist vor allem das Resultat einer auf die Physik treffenden Fiktion. Einfach ausgedrückt: Wir haben den Punkt erreicht, an dem wir nur noch minimale Fortschritte bei der Verwertbarkeit eines Liters Diesel bei gleichzeitiger Verringerung des Schadstoffausstoßes verzeichnen.

Es kommt wenig überraschend, dass VW – trotz ihres größten Forschungs- und Entwicklungsprogramms für Dieselmotoren – betrügen musste, um aktuelle europäische und U.S.-Standards zu erfüllen. Künftige, noch strengere Dieselstandards einzuhalten wird sich als noch unmöglicher herausstellen.

Für einen erheblichen Teil der betroffenen Dieselfahrzeuge, die bereits ausgeliefert sind, gibt es keine wirkliche Lösung. Die Fahrer werden nicht für eine Änderung in die Werkstatt kommen, die die Leistung beeinträchtigt. Darüber hinaus sind Lösungen, die zu größeren Netto-CO2-Emissionen (einem regulierten Schadstoff) führen, ungeeignet, um vom CARB zugelassen zu werden.

Harnstofftanks in kleinen Autos nachzurüsten ist teuer und unpraktisch. Einige Autos werden nachgerüstet werden, viele jedoch nicht – diese wird man eher verschrotten als nachrüsten.

Auf diese Weise wird eine gewaltige Geldmenge für den Versuch verschwendet, Autos nachzurüsten, die nicht alle nachgebessert werden können. Zudem wäre die Nachbesserung schlimmer als das Problem, das sie abstellen soll, nämlich wenn diese Autos lange vor ihrer normalen Nutzungsdauer verschrottet würden. Wir, die Unterzeichnenden, ermutigen das CARB statt dessen, Führungsstärke zu zeigen und VW dahin zu bringen, „die Luft zu heilen, und nicht die Autos” und auf diese Weise ein Vielfaches des angerichteten Schadens wiedergutzumachen, während Kalifornien gleichzeitig beim Übergang zu Null-Emissions-Fahrzeugen weiter vorankommt.

Wir schlagen für VW und das CARB folgende Lösung in einklagbarer Form vor:

 

  1. VW wird von der Verpflichtung befreit, Dieselfahrzeuge, die bereits auf kalifornischen Straßen unterwegs sind, nachzubessern. Diese verursachen nur einen unerheblichen Teil der gesamten Fahrzeugemissionen im Bundesstaat und setzen ihre Halter keinen individuellen emissionsbezogenen Risiken aus.
     
  2. Statt dessen soll VW die Markteinführung emissionsfreier Fahrzeuge erheblich beschleunigen. Diese haben naturgemäß null Emissionen, bieten daher keinerlei Möglichkeiten für Betrug und erfordern auch keine Finanzmittel, dies zu überprüfen.
     
  3. Es wird verlangt, dass diese Beschleunigung bei der Markteinführung emissionsfreier Fahrzeuge durch VW zu einer 10:1 oder noch größeren Reduktion des Schadstoffausstoßes führt, verglichen mit der durch den Betrug bei der Dieselflotte entstandenen Belastung, und zwar innerhalb der nächsten 5 Jahre.
     
  4. Es wird verlangt, dass VW in neue Fertigungsanlagen und/oder Forschung & Entwicklung investiert, und zwar in der Größenordnung des Bußgeldes, das sie ansonsten zahlen müssten, und das in Kalifornien – in dem Umfang, den Kaliforniens Anteil am Bußgeld umfassen würde.
     
  5. VW wird eine gewisse Flexibilität bei der Terminierung und Ausführung dieses Plans zugebilligt, indem er mittels Zero Emission Vehicle Credits umgesetzt werden kann.

Im Gegensatz zu den Strafen und Rückrufen, die erwogen werden, wäre dieser Vorschlag ein wirklicher Gewinn für die kalifornischen Emissionen, ein großer Gewinn für kalifornische Jobs und eine historische Tat, um den Klimawandel aufhalten zu helfen.

Der Flaschenhals für die größere Verfügbarkeit von Null-Emissions-Fahrzeugen ist die Verfügbarkeit von Batterien. Es gibt einen dringenden Bedarf, mehr Batteriefabriken zu bauen, um die Batterieversorgung zu verbessern. Dieser Vorschlag würde sicherstellen, dass der Bau großer Batteriefabriken und die damit zusammenhängenden Investitionen von VW sowie die sich daraus ergebenden lokalen Arbeitsplätze in den USA stattfänden.

Es gibt wahrscheinlich keine zufriedenstellende Art und Weise, all diese Dieselfahrzeuge nachzubessern. Diese Lösung umgeht die großen Schäden und Unsicherheiten, die eine ineffektive Nachbesserung den Dieselhaltern aufbürden würde. Ein nur teilweise erfolgreicher Versuch würde den Verlust des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Industrie und die Regulierungsbehörden nur noch verschlimmern. Im Gegensatz dazu würde dieser Vorschlag prinzipbedingt eine mindestens 10fache Verringerung des Schadstoffausstoßes im Vergleich zu einer vollständig ausgeführten Nachbesserung bewirken.

Es gibt einen Präzedenzfall für diese Art Lösung. Beim industrieweiten Diesel-LKW Betrugsskandal 1990 beschloss die EPA, keine Rückrufaktion zu verlangen. Statt dessen verlagerte sie die Deadline für strengere Grenzwerte, um die Differenz auszugleichen. Dieser Vorschlag tut das Gleiche für VW und bindet die Lösung an einen Übergang zu Null-Emissions-Fahrzeugen.

Wir bitten das CARB dringend, diesen Vorschlag zur Lösung des VW-Betrugsskandals zu erwägen.

Ion Yadigaroglu
Partner, Capricorn Investment Group

Dipender Saluja
Partner, Capricorn Investment Group

Ira Ehrenpreis
Partner, DBL Partners

Lyndon Rive
CEO, SolarCity

Ari Swiller
Renewable Resources Group

Jigar Shah
President, Generate Capital

Adam Wolfensohn
Partner, Encourage Capital

Steve Westly
Former California State Controller

Kevin Parker
CEO, Sustainable Insight Capital

Mindy Lubber
President, Ceres

Jesse Fink
Chairman, MissionPoint

Jeffrey Tannenbaum
Chairman, sPower

Laurence Levi
Partner, VO2 Partners

Nicholas Eisenberger
Partner, Pure Energy

Peter R. Stein
Managing Director, Lyme Timber

Elon Musk
CEO, Tesla and SpaceX

Carl Pope
Inside Straight Strategies

Hal Harvey
CEO, Energy Innovation

Michael Brune
Executive Director, Sierra Club

Lawrence Bender
Producer, An Inconvenient Truth

Jason Calacanis
Angel, Launch Fund

Jason Scott
Partner, Encourage Capital

Jules Kortenhorst
CEO, Rocky Mountain Institute

Anja Manuel
Partner, RiceHadleyGates

Tom Darden
Partner, Cherokee Fund

Matt Breidert
Senior Portfolio Manager, Ecofin

Rob Davenport
Managing Partner, Brightpath Capital

Rob Day
Partner, Black Coral Capital

Marc Stuart
CEO, Allotrope Partners

Bruce Kahn
PM, Sustainable Insight Capital

Jeff Skoll
CEO, Jeff Skoll Group

Chamath Palihapitiya
CEO, Social Capital

Antonio Gracias
CEO, Valor Equity Partners

Cole Frates
Renewable Resources Group

Reuben Munger
Partner, Vision Ridge

Gregory Manuel
Partner, MNL Partners

Martin Roscheisen
CEO, Diamond Foundry

Steven Dietz
Partner, Upfront Ventures

Larry Lunt
CEO, Armonia

Panos Ninios
Partner, True Green Capital

Suhail Rizvi
CEO, Rizvi Traverse

Stuart Davidson
Chairman, Sonen

Dan Fuller
CIO, Fuller Smith

Justin Kamine
Kamine Development

Raúl Pomares
Managing Director, Sonen

Amtlich

18.12.2015

Elektroautos: auch mit Strommix klimafreundlicher als Verbrenner

Neigt sich das Jahr dem Ende zu, neige ich offenbar dazu, mich gern mal zu wiederholen.

Heute wiederhole ich die Entkräftung des oft von Elektromobilitäts-Skeptikern vorgebrachten Arguments, Elektroautos seien in Deutschland wegen der ganzen Braunkohlekraftwerke (Strommix) ja wohl dreckiger als Verbrenner.

Falsch.

Erstens kann man Elektroautos mit echtem Ökostrom betreiben, entweder vom eigenen Dach oder von einem Ökostromanbieter, der nicht nur mit Zertifikaten schummelt. Dann lädt man 100% sauberen Strom und in der CO2-Bilanz schlägt nur noch die Herstellung und die Entsorgung des Fahrzeugs zu Buche. Die ist durch die Null-Emission beim Fahren aber sehr bald ausgeglichen.

Zweitens sind Elektroautos selbst unter Berücksichtigung des derzeitigen deutschen Strommixes klimafreundlicher als vergleichbare Verbrenner. Für alle Zweifler: Das ist jetzt sogar amtlich.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) weist in einer aktuellen Analyse „Wie klimafreundlich sind Elektroautos?” nach

„… dass E-Fahrzeuge selbst unter Berücksichtigung des derzeitigen deutschen Strommix klimafreundlicher sind als vergleichbare verbrennungsmotorische Fahrzeuge, auch solche mit Spritspartechniken.”

Bei dieser Analyse geht das BMUB von sehr konservativen Rahmenbedingungen aus:

  • keine Berücksichtigung der CO2-Obergrenzen des Emissionshandels
  • Einrechnung der Verluste zwischen Kraftwerk, Steckdose und Fahrzeugbatterie
  • Verwendung realer Energieverbräuche (Alltagstests auf der Straße)
  • Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus der Fahrzeuge, einschließlich Produktion, Betrieb und Entsorgung aller Fahrzeugkomponenten (inkl. Batterie)
  • Verzicht auf etwaige Gutschriften, z.B. aus einer Zweitverwendung der Batterie
  • Vergleich mit einem deutschen Verbrenner-Durchschnittsfahrzeug sowie mit einem aktuellen Modell aus dem Autohaus und ebenso mit einer Variante, bei der der Verbrennungsmotor über besondere Spritspartechnologien verfügt
  • Anrechnung von zunehmenden Emissionsminderungen bei Benzin und Diesel, vor allem aufgrund der Beimischung von Biokraftstoffen

Das BMUB kommt zu dem Fazit:

„Die Analyse der Klimabilanz eines Elektroautos, genauer gesagt der spezifischen klimarelevanten Emissionen pro Fahrzeugkilometer über die Fahrzeuglebensdauer, zeigt, dass die Treibhausgasemissionen eines batterieelektrischen Fahrzeugs (kurz: Elektroauto) selbst unter Berücksichtigung des deutschen Strommix geringer ausfallen als bei vergleichbaren Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren (verbrennungsmotorisches Fahrzeug), und das schon heute.”

CO2-Emissionen pro Fahrzeugkilometer im Lebenszyklus der Fahrzeuge in Abhängigkeit der Fahrzeugtechnik

(Quelle)

Die Klimabilanz von Elektroautos wird dabei immer besser, je grüner der Strommix wird. Jedes Kohlekraftwerk, das vom Netz geht, verbessert sofort die Klimabilanz aller schon fahrenden Elektroautos!

Noch Fragen, Kienzle?

Wasserstoff ???

02.12.2015

Sichtbares Wasserstoffspektrum
Sichtbares Wasserstoffspektrum (Jan Homann)

Die Mär vom angeblich umweltfreundlichen Wasserstoff-Antrieb hält sich hartnäckig.

Wenn man da nur flüchtig hinschaut, scheint Wasserstoff als Kraftstoff ja auch bestechende Vorteile zu bieten.

  • „Oh, da kommt ja nur Wasser raus!”
  • „Oh, man kann ein Wasserstoffauto in 5 Minuten betanken!”
  • „Oh, ein Wasserstoffauto hat 400-500km Reichweite!”

Ich habe ja vor über einem Jahr schonmal einen Beitrag „Brennstoffzellen für Autos?” geschrieben, in dem ich relativ ausführlich auf die Problematik eingegangen bin. Daher werde ich mich heute kürzer fassen. Vor allem aber will ich nochmal die wichtigste Frage stellen, nämlich die, die verblüffenderweise fast nie gestellt wird:

Woher kommt der Wasserstoff?

So viele Möglichkeiten gibt es da nämlich nicht, eigentlich sind es nur zwei:

  1. Wasserstoff wird per Dampfreformierung aus Erdgas (Methan) gewonnen.
  2. Wasserstoff wird per Elektrolyse aus (sauberem!) Wasser erzeugt.

Bei Methode 1 fällt genausoviel CO2 an wie bei der direkten Verbrennung des Methans. Keine wirklich gute Idee, wenn man Wasserstoff als klimafreundlichen Kraftstoff etablieren will. Da ist es technologisch erheblich einfacher, das Methan in Ottomotoren direkt zu verbrennen.

Methode 2 ist extrem energieintensiv: Für die Elektrolyse braucht man jede Menge elektrischen Strom. Also sind die nächsten wichtigen Fragen:

Woher kommt der Strom? Wieviel Strom braucht man? Wie effizient wird der Strom genutzt?

Weil die Wasserstofftechnologie viele technische Zwischenschritte erfordert, die bestenfalls jeweils einen Wirkungsgrad von 50-60% bei der Energieumwandlung aufweisen, fällt der Gesamtwirkungsgrad (als Produkt der Wirkungsgrade aller Teilprozesse) auf skandalöse 10-13%. Das heißt: von 100% eingesetzter Primärenergie gehen rund 90% verloren, bevor sie in Wasserstoffautos letztlich als Bewegungsenergie zur Verfügung steht.

90% Energieverschwendung kann ja trotzdem sinnvoll sein, wenn man dadurch klima- und gesundheitsschädliche Emissionen vermeidet – aber nur unter der Voraussetzung, dass saubere(!) Primärenergie im Überfluss zur Verfügung steht.

Steht sie das? Nein, und noch lange nicht.

Erst bei 100% umweltneutraler, erneuerbarer Energieerzeugung ohne fossile und radioaktive Energieträger und wenn man dann noch mehr Elektroenergie erzeugt als man verbraucht, kann man mal anfangen, darüber nachzudenken, was man mit der überschüssigen Energie noch alles anfangen könnte, statt sie ungenutzt zu lassen. Das wäre dann der Zeitpunkt für Wasserstoff als Kraftstoff im Mobilitätssektor. Aber dann ist diese Technologie längst obsolet.

Elektroautos sind besser

Bis wir im Überfluss erneuerbarer Energien schwelgen, ist es viel klüger, da um Größenordnungen effizienter (und damit umweltfreundlicher), Elektroenergie in Akkus zu speichern und in reinen Elektroautos in Mobilität umzusetzen. Es ist viel effizienter, es ist viel billiger, es ist technologisch viel einfacher umzusetzen. Nicht zuletzt die Kosten für die erforderliche Infrastruktur (Ladestationen) sind geradezu lächerlich gering im Vergleich zu der für Wasserstoffautos. Und 400-500km Reichweite haben wir bei preislich vergleichbaren Elektroautos längst zur Verfügung.

Bevor es soweit ist, dass wir 100% unserer Energie aus erneuerbaren Quellen produzieren, ist jede Energieverschwendung klimafeindlich. Eine Technologie wie den Wasserstoffantrieb, die 90% Energie verschwendet, ernsthaft als umweltfreundlich etablieren zu wollen, ist ein Skandal, der den Vergleich mit dem Abgasbetrug von VW nicht zu scheuen braucht.

Zum Weiterlesen: