Mobile Ladebox

04.02.2015

Mobile Ladestation EVR3

Jetzt habe ich mir doch eine mobile Ladestation zugelegt. Eine EVR3 von ENERNEW S.r.l. aus Italien.

Ich wollte erst nicht. Kostet ein Heidengeld (745,- € netto) und bisher bin ich bestens mit meinem ganz normalen Typ2-Ladekabel und in Ausnahmefällen mit meinem Notladekabel (ein modifiziertes Siemens CC100A für Ladung an Schukodosen) ausgekommen.

Mit dieser mobilen Ladebox kann ich meine ZOE nun direkt an CEE32-(rot)-Anschlüssen mit bis zu 22kW laden. Mit entsprechenden Adaptern auch an CEE16-(rot/blau) und sogar an Schukodosen (dann natürlich mit entsprechend niedrigerer Ladeleistung). Somit vervielfacht sich die Anzahl der möglichen Ladepunkte unterwegs. Solche „Kraftstromsteckdosen” gibt es häufig bei landwirtschaftlichen Betrieben, Gewerbebetrieben oder Supermärkten (Müllpresse). Die Streckenplanung kann so zeitlich optimiert werden. Das wiederum ist wichtig für den PAF (s.u.).

Warum eine mobile Ladebox?

Drei Gründe sprachen dafür:

  1. Erhöhung des PAF (Partner Acceptance Factor)
  2. Urlaubsfahrt im Sommer
  3. Ladelösung zu Hause für die Zeit nach Demand Response

PAF (Partner Acceptance Factor)

Der PAF (früher WAF) ist extrem wichtig. Fällt er unter einen kritischen Schwellenwert, kann man das Objekt, auf das er sich bezieht, auch gleich aus dem Leben streichen – in der gegebenen Partnerkonstellation wird es sonst zur Quelle ewigen Konflikts. Droht der PAF also zu sinken, sind Maßnahmen angeraten.

Im konkreten Fall wirkten sich kürzlich die im Winter geringere Reichweite und die längeren Ladezeiten bzw. dadurch zusätzlich erforderlichen Ladepausen negativ auf die Akzeptanz der ZOE durch meine Liebste auf einer Fahrt in den Harz aus. (Für eine Strecke, die wir früher mit dem Verbrenner in anderthalb Stunden abgerissen haben, brauchten wir doppelt so lange, und zwar an einem Tag hin und zurück nochmal.) Unglücklicherweise können weder der Luxus des geräuscharmen elektrischen Dahingleitens noch die Tatsache der emissionsfreien Fortbewegung die von ihr empfundenen Komforteinbußen kompensieren. Bei mir funktioniert das, aber… Überraschung: andere Menschen, andere Prioritäten.

Zu blöd, dass es am Zielort keine Ladestation gibt. Gäbe es eine, bräuchten wir nämlich auf dieser Tour unterwegs nicht so lange zwischenzuladen. Dann reichten auf dem Hinweg 10-15 Minuten Zwischenladung, um die fehlenden paar Kilometer zu schaffen. Am Ziel, wenn die ZOE sowieso ein paar Stunden steht, würde sie dann voll aufgeladen werden können. Nach Hause würden wir es dann in einem Rutsch schaffen (es geht erstmal bergab).

15 Min. statt 2h Unterwegsladezeit auf dieser relativ oft von uns gefahrenen Tour, das wäre natürlich super.

Nur: hätte hätte Fahrradkette, alles Konjunktiv.

Oder? Moment mal, was ist denn das da direkt am Parkplatz, an der Rückseite des kleinen Supermarktes? Eine rote CEE-Dose! Ha!

Das war Grund Nr. 1. Jetzt muss ich nur noch die Marktleitung dazu bringen, mich dort laden zu lassen. Ohne Abnickung von oben trauen die sich das nicht. Meine Anfrage an das Mutterunternehmen befindet sich gerade in Bearbeitung…

Urlaubsfahrt im Sommer

Im Sommer plane ich eine große Tour: Mit der ZOE von Hannover bis nach Osttirol, in den Nationalpark Hohe Tauern. Das sind rund 850km. Müsste eigentlich in 2 Tagen zu schaffen sein. Maximal 3. Um unterwegs Alternativen für defekte oder zugeparkte Ladestationen zu haben, und auch am Zielort flexibel zu sein, wollte ich mir ohnehin spätestens dann eine mobile Ladebox kaufen. Also ist das jetzt nur vorgezogen.

Ladelösung zu Hause für die Zeit nach Demand Response

Die 22kW-Ladestation, die ich jetzt zu Hause nutze, ist Bestandteil des Demand Response Projektes und steht mir nur leihweise bis Ende 2015 zur Verfügung.

Bisher hatte ich vor, mir danach eine preiswerte Typ2-Ladestation zuzulegen und diese fest zu installieren. Mit einer mobilen Ladebox brauche ich aber nur noch eine CEE32-Steckdose anzubringen. Ein separater Leitungsstrang mit entsprechender Absicherung liegt ja schon. Muss nur ein paar Meter verlängert werden, damit die CEE-Dose bequem vom Stellplatz aus erreicht werden kann.

An diese CEE-Dose kann ich dann meine mobile Ladebox anschließen. Wenn ich die Box nicht gerade unterwegs benötige, kann ich sie auch quasistationär per Wandhalterung neben der CEE-Dose befestigen. Bei Bedarf nehme ich sie dann ab und mit. Da die EVR3 ein festes Typ2-Kabel hat, brauche ich zum Zu-Hause-Laden dann kein Ladekabel mehr herauszukramen. Sehr komfortabel.

Mit nur wenig Mehrkosten bekomme ich mit dieser Kombination (mobile Ladebox +  CEE32-Anschluss am Haus) also erheblich mehr Flexibilität und Komfort.

Andere Elektromobilisten können dann trotzdem noch bei mir laden, entweder mit eigener mobiler Box oder mit meiner, wenn sie da ist. Dann werde ich wohl auch dem Drehstromnetz beitreten.

Die EVR3

Das Foto oben täuscht. Die EVR3 sieht sehr klein und kompakt aus. Und in der Tat – im Vergleich zu anderen mobilen Ladeboxen ist sie eine der derzeit kompaktesten Lösungen (200 x 120 x 90 mm). Trotzdem ist sie, wenn sie dann so vor einem liegt, ein ganz schöner Klopper und mit 5,5 kg auch nicht gerade leicht.

Als Alternative im gleichen Preissegment käme z.B. der Juice Booster in Betracht, der ähnlich kompakt ist (265 x 125 x 85 mm) und mit nur 2,4 kg sogar noch deutlich weniger wiegt. Auch das Design des Juice Booster ist sehr gelungen, aber ich finde die EVR3 in ihrer Schnörkellosigkeit fast noch einen Tick besser.

Nur mal zum Vergleich: Die „mobile” 22kW-Ladestation EVSE 6B2 von ABL SURSUM hat die Abmessungen 405 x 310 x 310 mm, wiegt 9,5 kg, kostet netto 912,- € und sieht aus wie ’ne Mischung aus Röhrenradio und Bügeleisen im Bakelit-Look von 1905. Fast schon wieder cool, aber so ein Monstrum möchte ich echt nicht mitschleppen.

Die Ladestromstärken lassen sich bei der EVR3 noch etwas feiner einstellen als beim Juice Booster. Letztere hat zwischen 16 und 32A keine Zwischenstufen; die EVR3 bietet hier noch 20, 24 und 28A an.

Ich habe mir gleich noch einen Adapter für Schukodosen mitbestellt (im Bild oben rechts), in der Hoffnung, damit mein bisher genutztes Siemens-Notladekabel überflüssig zu machen. Die CEE-Dose des Adapters hat eine eingebaute 10A-Sicherung. 10A sind mir etwas wenig. Mein modifiziertes Siemens-Kabel kann die ZOE problemlos mit 13A laden, das sind dann schon ein paar Stunden Unterschied. Es steht noch ein Test mit diesem Adapter aus. Ich werde berichten.

Die EVR3 im ersten Test

Gleich um die Ecke bei mir gibt es einen Biohof, und ich hatte aus dem Augenwinkel da mal so rote Steckdosen in der Gerätehalle gesehen. Also frag ich den Biobauern, ob ich bei ihm kurz mein neues Ladeequipment ausprobieren darf. Ja gern. Bio-Laden sozusagen. 😉

Ich fahre vor die Halle, packe die brandneue EVR3 aus, wickle das Kabel ab, greife den CEE-Stecker – Moment mal, der ist zu groß! Die vorhandenen CEE-Dosen sind zu klein! Ach der Nicht-Elektriker ahnt es nicht: Es gibt große rote und kleine rote CEE-Dosen.

Die großen roten sind CEE32, die kleinen roten sind CEE16. Die Zahlen geben die max. Stromstärke an.

Um an CEE16 rot laden zu können, brauche ich einen Adapter CEE16-Stecker auf CEE32-Dose. Zum Glück gibt es die für kleines Geld im Internetz. Zwei Tage später hab ich so ein Teil und fahre damit direkt wieder auf den Biohof.

Mit zwischengestecktem Adapter kann ich die EVR3 nun endlich an eine der vorhandenen CEE16-Dosen hängen.

EVR3 mit Adapter an CEE16

Ganz wichtig: An CEE16 darf ich nur max. 16A (11kW) einstellen, sonst fliegt die Sicherung.

EVR3 lädt mit 16A (11kW)

Das andere Ende (Typ 2 Stecker) in die ZOE gesteckt, Prüfung läuft… und schon zirpt der ZOE-Lader vergnügt vor sich hin. Es funktioniert! 🙂

ZOE lädt mit der EVR3 auf dem Biohof

Ich lade nur kurz ein paar Minuten, dann unterbreche ich die Ladung und packe das ganze Gedöns wieder ein.

Fazit

So eine mobile Ladestation zum Immer-Dabei-Haben ist eine feine Sache. So lange es noch zu wenig öffentliche Ladestationen gibt, erschließt man sich damit etliche zusätzliche Lademöglichkeiten unterwegs. In ein paar Jahren ist das hoffentlich Geschichte, aber zum jetzigen Zeitpunkt verbessert es die Streckenplanung erheblich.

Die EVR3 selbst lässt sich kinderleicht bedienen. Mit zwei Druckpunkten wird der passende Ladestrom eingestellt. Man muss nur aufpassen, dass man den jeweilig an der benutzten Dose max. zur Verfügung stehenden Ladestrom nicht überschreitet. Das obliegt der eigenen Verantwortung. CEE-Dosen sind „dumm” und können nicht mit der Ladestation kommunizieren. Also immer schön aufpassen, sonst fliegt die Sicherung.

Das Handling insgesamt ist dann allerdings doch recht umständlich. Das ganze Raus- und Reingekrame. Das Kabelgewickel. Der Adapter-Zoo. Das Gestecke. CEE-Verbindungen sind zäh, da braucht es schon ein wenig Kraft. Also das ist was für verrückte Early Adopters und Technik-Freaks, die sich von sowas nicht abschrecken lassen und sich das elektromobile Fahrvergnügen nicht durch mangelnde Ladeinfrastruktur vermiesen lassen wollen.

Otto und Ottilie Normalfahrer/in werden sich mit PAF=nullkommaganzwenig und Grausen abwenden – viel zu kompliziert, viel zu umständlich. Man stelle sich vor, man müsste zum Benzintanken eine eigene Zapfpistole mit Pumpe und Schlauch dabei haben, um an Apotheken tanken zu können, weil die nächste Tankstelle zu weit weg oder defekt oder zugeparkt ist…

Elektromobilität wird sich im Alltag auf breiter Basis nur durchsetzen, wenn das Laden einfacher ist als das Tanken. Also: Die Ladeinfrastruktur muss schleunigst ausgebaut werden!!!