1 Jahr ZOE

05.12.2014

Hoppla! Kaum schaut man mal kurz nicht hin, schon ist der Kalender wieder alle!

Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich mein Elektroauto Renault ZOE aus Frankreich importiert und in Deutschland zugelassen.

Zeit für einen kurzen Rückblick und eine Zusammenfassung meiner bisherigen Erfahrungen.

Fahrspaß

Das elektrische Fahren macht mir nach wie vor großen Spaß. Die Ruhe im Wagen und die kräftige unterbrechungsfreie Beschleunigung machen jede einzelne Fahrt zu einem Vergnügen. Das nutzt sich anscheinend nicht innerhalb eines Jahres ab. 😉

Meine letzte Fahrt mit einem Verbrenner war unsere Urlaubsfahrt im Juli. Ich vermisse das Dröhnen und den Gestank kein bisschen.

Strecke

Als ich mit der Renaultbank den Batteriemietvertrag abgeschlossen habe, hatte ich eine jährliche Fahrleistung von 12.500 km geschätzt. Und siehe da, es kommt ziemlich genau hin; ich bin mit 12.698 km nur knapp 200 km drüber.

Kosten

Ich lade relativ oft an öffentlichen Ladestationen, an denen der Strom noch kostenlos abgegeben wird.

Seit Mai 2014 habe ich bei mir zu Hause eine 22kW-Wallbox zur Verfügung. Von Mai bis heute habe ich daran insgesamt rund 416 kWh geladen. Das macht bei einem Preis von 0,2695 €/kWh (Naturstrom) Stromkosten von rund 112,- € für das Zu-Hause-Laden. 🙂

Hinzu kommen noch rund 40,- € über meine Autostromverträge bei der BEW bzw. inzwischen bei den Stadtwerken Lübbecke. Diese Verträge ermöglichen es mir, an allen RWE-Ladestationen ohne Grundgebühr zu laden, zu einem Preis von 0,3501 €/kWh (BEW) bzw. 0,2999 €/kWh (Stw. Lübbecke). Dies nutzte ich bisher auf meinen Langstrecken in den Westen der Republik (Dortmund, Hilden).

Meine Batteriemiete schlägt mit 79,- € monatlich zu Buche.

Was gab’s noch? Ach ja, die 1. Inspektion. Sie kostete 98,63 €.

Fertig, mehr war nicht. 🙂

Ladeinfrastruktur

Auf den von mir hauptsächlich befahrenen Strecken, vor allem in den Harz, hat sich innerhalb des letzten Jahres die Ladeinfrastruktur deutlich verbessert. Es sind etliche öffentliche 22kW-Ladepunkte hinzugekommen, die ich für eine Schnellladung unterwegs nutzen kann (z.B. Hildesheim, Einbeck, Osterode, Clausthal-Zellerfeld, Torfhaus). Auf privater Basis kann ich inzwischen auch in Vienenburg und Wernigerode mit 22kW laden.

Auch der Weg von Hannover in den Norden ist ladetechnisch komfortabler geworden. Dank der Privatinitiative des GoingElectric-Forumsteilnehmers Berndte kam sogar ein 43kW-Ladepunkt am Bremer Kreuz hinzu.

Im Süden hat Forumsmitglied lamouette  einen 43kW-Ladepunkt an der A5 in Zwingenberg bereitgestellt.

Herzlichen Dank für dieses Engagement! Wenn die Hersteller nichts oder zu wenig unternehmen, werden Elektromobilisten eben selbst aktiv. Ja, wir wollen auch Langstrecken fahren!

Aber wo Licht ist, ist auch Schatten.

Meine Versuche, in der Region die Errichtung von Ladestationen anzuregen, waren noch nicht von Erfolg gekrönt.

Die Stadt Ronnenberg liegt diesbezüglich im Tiefschlaf und möchte nicht geweckt werden.

Der Bioladen ums Eck hat sich zwar auf meine Anregung hin ein Angebot von TNM erstellen lassen, kann die Investition von knapp 4.000,- € (inkl. Installation) aber nicht alleine stemmen. Ich habe die ortsansässigen Unternehmen bei uns im Dorf, die potenzielle Nutznießer einer lokalen Ladestation wären, kontaktiert, um für eine Kostenbeteiligung zu werben. Zwei waren aufgeschlossen, alle anderen haben nicht reagiert. Das reicht leider noch nicht. Irgendwelche Förderungen gibt’s auch keine. So ganz ohne alles wird das aber nix mit der Million E-Autos bis 2020.

Ich werde das im nächsten Jahr weiter verfolgen, aber eigentlich ist es mir zu umständlich, diese Art Überzeugungsarbeit machen zu müssen. Kostet zu viel Zeit und Nerven. Selber machen ist da viel einfacher. Kostet „nur” Geld.

Ende 2015 läuft das Demand Response-Projekt aus und ich muss dann meine Hausladestation wieder abgeben. Also plane ich, bei der Gelegenheit eine eigene aufzustellen und das dann so, dass sie auch mit einem normal langen Kabel vom Stellplatz aus zu erreichen ist. Dann hätten wir hier im Ort eine gut zugängliche Ladestation. Vielleicht kommen dann auch mal Ladegäste, bislang konnte ich hier noch keinen begrüßen.

Community

Nach wie vor bin ich leider der einzige Besitzer eines Elektroautos im Ort. Hin und wieder gab es mal ein Gespräch, aber alle machen weiter wie immer, starten morgens ihre Hubzerknallschüttler und hinterlassen in meiner Straße Gerüche, die an kalten Furz (Diesel) oder havarierte Chemiebaukästen (Benziner) erinnern. Ab und zu dröhnt dann auch ein Bus vorbei, dass die Fensterscheiben wackeln. Aber ich schweife ab.

Im Raum Hannover sind im Laufe des Jahres etliche Fahrer/innen von E-Autos dazugekommen. Es hat sich ein Niedersächsischer Stammtisch etabliert: Ein Mal im Monat treffen sich E-Autofahrer und solche, die es werden wollen, zum Erfahrungsaustausch in Sehnde. Das ist immer sehr nett und gibt mir das Gefühl, nicht ganz allein auf weiter Flur zu sein. 😉

Winterpsychologie

Ohne dass ich das vor einem Jahr geahnt hätte, war es psychologisch günstig, meine ZOE zu Beginn eines Winters gekauft zu haben. Ich bin dadurch sozusagen auf relativ kurze Reichweiten und relativ lange Ladezeiten geeicht worden.

Im Sommer habe ich mich dann riesig über das dicke Plus an Reichweite und die kürzeren Ladestopps gefreut. 🙂

Jetzt, wo es wieder kälter ist, scheint mir alles back to normal zu sein. Na ja, fast. Mit der kürzeren Reichweite kann ich gut leben, aber die teilweise wegen des kalten Akkus bis zu doppelt so lange Ladezeit nervt unterwegs doch ziemlich. Zu Hause ist das aber kein Problem.

Fazit

Ich bereue nichts und würde es sofort wieder tun! 🙂

Emissionen

02.11.2014

Regelmäßig tönt es mir in Diskussionen entgegen: E-Autos schön und gut – aber der Strommix! E-Autos sind hierzulande ja gar nicht sauber, weil doch der Strommix in Deutschland Kohle- und Atomstrom enthält!

Weil ich diese seltsame Argumentation immer wieder höre, will ich an dieser Stelle nochmal deutlich machen:

Elektroautos verursachen ab „Zapfsäule” (also Steckdose) genau Null Emissionen. Nichts. Kein CO2, keinen Feinstaub, keine PAK, keinen Ruß, kein NOx, keine Schwermetalle und was es da sonst noch geben mag. Und ich frage meinen Gesprächspartner dann: Kann Ihr Benziner oder Diesel das auch?

Fair vergleichen bitte!

Die Emissionsangaben für Verbrennungsmotoren beziehen sich immer auf „ab Zapfsäule” – warum soll dann im Vergleich für E-Autos plötzlich ein anderer Bezugsrahmen gelten? Oder wenn, dann doch bitte für beide. Dann bitte bei Verbrennungsmotoren die ganze Vorkette der Erdölwirtschaft (Erschließung, Förderung, Transport, Kraftstoffherstellung in Raffinerien, Distribution, Lagerung etc.) mit in die Bilanz einbeziehen! Das wird seltsamerweise immer komplett ausgeblendet. Aber Benzin kommt eben nicht aus der Zapfsäule, genau so wenig, wie Strom aus der Steckdose kommt.

Wie bereits an anderer Stelle beschrieben, könnte man nur mit der Energiemenge, die allein schon für die Herstellung von Benzin verbraucht wird, sparsame Elektroautos betreiben.

Strommix

Die meisten E-Autofahrer, die ich kenne, beziehen entweder Ökostrom oder laden ihre Elektroautos sogar an der eigenen Photovoltaikanlage auf.

Aber ja, es gibt auch Leute, die ihre EVs mit dem ganz normalen Strommix laden. Abgesehen davon, dass sie dann immer noch lokal emissionsfrei fahren, kann man unter Berücksichtigung des Kohle- und Gas-Anteils bei der Erzeugung tatsächlich sagen, dass pro km soundsoviel g CO2 anfallen. (Immer noch um Größenordnungen besser als die Gesamtbilanz der Verbrenner, versteht sich.)

Die Schlussfolgerung daraus kann aber nur lauten: Dann muss der Strommix eben besser werden! Die Dreckschleudern müssen weg, die Erneuerbaren Energien weiter vernünftig ausgebaut und gefördert werden.

Nur so wird ein Schuh draus. E-Autos sind die bessere Lösung: viel effizienter, sauber, leise. Unsere Städte könnten allesamt Kurorte sein.

Körperverletzung

26.10.2014

Fiktive Anekdote

Ich baue mir eine Kiste zusammen. Da schütte ich eine giftige und krebserregende Substanz hinein, zünde diese an und ziehe damit durch die Straßen.

Nicht sehr lange.

– Lalü lala! Was machen Sie hier – sind Sie verrückt!?

– Wer, ich? Wieso? Achso! Hab ja was ganz Wichtiges vergessen! Moment… (Klapper, rumor, bohr, schraub, schnauf.) Die Räder! Bitteschön: Jetzt isses ein Auto!

– Ähm, ja dann…

Zweierlei Maß

Wir messen mit zweierlei Maß. Penibel achten wir z.B. auf Asbest, entsorgen mit Millionenaufwand ganze Paläste, wenn es sein muss, aber hauen uns täglich die Benzindämpfe und die Abgase in die Lungen, als gäbe es keine Alternativen.

Wie, das ist normal? Warum, weil es praktisch alle machen? Millionen Fliegen können nicht irren? Wie schräg ist eigentlich unsere Wahrnehmung?

Treten wir mal einen Schritt zurück und betrachten die Sache mit etwas Abstand.

Was sehe ich da am Blickfeldrand? Das Strafgesetzbuch. Na sowas. Schaun mer mal rein.

§ 223 StGB: Körperverletzung

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(Quelle)

Wikipedia führt dazu aus:

Eine Körperverletzung ist der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit einer Person in Form einer körperlichen Misshandlung oder einer Gesundheitsschädigung.
[…]
Als Gesundheitsschädigung gilt das Hervorrufen oder Steigern eines pathologischen, also vom normalen Funktionieren des Körpers abweichenden, Zustandes, auch wenn er nur vorübergehend ist.
[…]
eine Gesundheitsschädigung kann sich z. B. aus einer Verunreinigung von Wasser oder Luft durch Giftstoffe oder durch Beibringen eines gesundheitsschädlichen Stoffes ergeben.

Kann man das missverstehen? Tatbestand erfüllt Euer Ehren. Von Ausnahmen für Verbrennungsmotoren steht da nichts.

Das Betreiben von
Verbrennungsmotoren
fügt Ihnen und den Menschen
in Ihrer Umgebung
erheblichen Schaden zu.

Ja ich weiß, ich bin gerade ganz weit draußen.

Ich möchte niemanden kriminalisieren, das wäre auch lächerlich. Aber dieses Beispiel zeigt sehr schön unsere selektive Wahrnehmung und unsere Schizophrenie. Wir geben uns Regeln, gar Gesetze – und wenden sie dann nur sehr selektiv an.

Wenn jeder jedem jeden Tag mit’m Knüppel auf’n Kopp hauen würde, würde das wohl auch als normal empfunden und nicht mehr belangt werden.

Also darf jeder allen anderen seine stinkende Abgaswolke in die Lungen und seinen Motorenlärm in die Ohren hauen. Aber ist das nicht eigentlich vollkommen irre?

Höchste Zeit, dass sich das ändert.

Nachtrag September 2015: Dieser Artikel inspirierte klimarelevant.de zu der sehr schönen Glosse „Deutschland: Es ist geschafft – Alle Städte Deutschlands erfüllen den Standard »Luftkurort«”.