ZOE im Radar

31.03.2014

November 2013. Unwiderruflich angefixt vom elektrischen Fahren (ich hatte im Oktober eine Woche lang einen Citroën Zero als Werkstattwagen) mache ich mich auf die Suche nach dem für mich passenden Elektroauto.

Ein C-Zero (baugleich mit Mitsubishi i-MiEV und Peugeot iOn, daher auch „die Drillinge” genannt) soll es nicht werden. Obwohl ich vom Fahrgefühl an sich begeistert bin, ist mir dieses Elektroauto zu spartanisch. Außerdem scheint mir eine Winterreichweite von 60km deutlich zu wenig – und es ist viel zu teuer. Alles oberhalb von 30.000,- € kommt gleich gar nicht in Betracht. Ein Tesla wird es also auch nicht.

Was brauche ich denn eigentlich? Ich schaue mir mein Fahrprofil an. Da ich mein Büro zu Hause und einen Bioladen gleich um die Ecke habe, fahre ich nicht jeden Tag Auto. Wenn ich fahre, dann selten mehr als 50km am Tag. Es gibt jedoch einige Fahrtziele, die weiter entfernt sind und die ich regelmäßig mehrmals im Jahr aufsuche. Die Entfernungen betragen zwischen 130 und 300km. Schließlich wäre da noch unser Urlaubsziel in Osttirol, das sind ca. 850km. Nur der Vollständigkeit halber.

Was gibt es noch zu beachten? Unsere mittlerweile betagte Labradorhündin soll bequem hineinpassen. Möglichst ohne dass ich ihre 30kg heben muss.

Ich lasse mir im Internet eine Liste aktueller Elektroautos anzeigen, sortiere diese absteigend nach Reichweite, streiche den Tesla Model S mit seinen 480km wegen finanzieller Unerreichbarkeit ganz oben raus und bleibe an einer immer noch sehr interessanten Zahl hängen: 210km nach NEFZ (Neuer-Europäischer-Fahr-Zyklus). Was ist das denn für ein Auto – aha, ein Renault, Modell ZOE, ziemlich neu, gibt es erst seit Juni 2013.

Mir ist natürlich klar, dass diese 210km im Alltag illusorisch sind. Für den Citroën Zero werden 150km nach NEFZ angegeben, davon hatte ich ja in meiner Testwoche gut 50km abziehen können, mit Heizung noch mehr. Also, was wird für die ZOE realistisch sein – 150km? Klingt doch schonmal gut. Besser als alles, was in dieser Fahrzeugklasse sonst noch verfügbar ist.

Aber wenn der Zero schon fast Dreißigtausend kostet, oh je, was wird wohl die ZOE… Moment, wie, was: ab 20.600,- € ? Jetzt wird’s interessant! Ah, der Antriebsakku muss gemietet werden, ab 79,- €/Monat. Das relativiert den Preis, aber sorgt für einen niedrigen Einstieg. Mit einem gemieteten Akku hat man auch keinen Stress, falls der mal kaputt geht.

Hmmm, hmmm, hmmm…

Was hat die ZOE denn noch so zu bieten? Ein „Chamäleon” Ladesystem, das Schnellladungen ermöglicht – bei 22kW Ladeleistung ist sie angeblich in einer Stunde wieder fast voll aufgeladen, bei 43kW sogar schon in 30 Minuten. Wo ginge das denn… Ich konsultiere ein Ladestellenverzeichnis im Internet. OK, 22kW-Ladesäulen sind anscheinend recht verbreitet und sogar zu Hause installierbar, 43kW kann man noch an einer Hand abzählen. Also: eine Stunde. Damit würden meine mittleren Ziele in 130-300km Entfernung mit max. einem Ladehalt in immer noch angemessener Zeit erreichbar sein. Und für den Urlaub lassen wir uns was einfallen.

Hmmm, hmmm, hmmm…

Wer kann denn noch schnellladen? Wie, niemand? OK, außer Tesla natürlich wieder (am Supercharger). Alle anderen brauchen entweder ein aufpreispflichtiges Zusatzmodul zum Schnellladen (z.B. Smart ED) oder nutzen dafür Ladestandards, für die es (noch) kaum Ladesäulen gibt (CCS / CHAdeMO). Die laden dann normalerweise an den Stationen nur mit reduzierter Ladeleistung oder an der guten alten Schukosteckdose – und das dauert 6-12 Stunden. Über Nacht OK, aber unterwegs?!

So, was haben wir bei der ZOE:

  • realistische Reichweite 150km
  • attraktiver Preis
  • mittelstreckentauglich dank Schnellladefähigkeit

Ich vereinbare eine Probefahrt.

Wie alles begann…

28.03.2014

Wir schreiben das Jahr 2013. Der Oktober ist lausig. Seit einem Jahr nervt mich der Bordcomputer meines auf Autogas (LPG) umgerüsteten Citroën Berlingo mit der immer wieder mal auftauchenden Meldung „Abgassystem defekt”. Zwei Werkstätten haben sich schon insgesamt fünf Mal daran versucht: Fehlercodes ausgelesen, sich am Ohr gekratzt, den Mutterkonzern befragt, Motorreinigungsprozeduren mit speziellen Substanzen durchgeführt, zwei Mal den Katalysator getauscht – der Fehler tritt immer wieder auf. Dass ich so entspannt bleibe, liegt ausschließlich an meiner Anschlussgarantie. Schließlich wird ein undichtes Gaseinspritzventil überführt und getauscht. Ich fahre zwei Wochen, dann: Piep! „Abgassystem defekt.”

Diesmal will sich die Werkstatt richtig Zeit nehmen, will endlich mal selbst erleben, dass, wie, wann und wo der Fehler auftritt. Ich soll den Wagen eine Woche da lassen und bekomme immerhin kostenlos einen Erstatzwagen gestellt.

– „Hätten Sie denn etwas dagegen, wenn wir Ihnen ein Elektroauto geben?”
– „Ach, sowas haben Sie? Nichts dagegen! Gern!”

Ich bekomme einen Citroën Zero und eine kurze Einweisung und bin gespannt.

Beinahe lautlos rolle ich vom Gelände, ein kurzes Stück durch die Stadt, dann rauf auf die Autobahn. Hoho, der geht ja ab! Anfangs zumindest. 130km/h – ganz OK. Restreichweite knapp über 100km. Hm. Etwas kühl hier drin, mal die Heizung anmachen. Restreichweite 60km. Oh! Hmmm…

Und doch, von diesem Moment an führt kein Weg mehr wirklich zurück. Ich habe die Ära des Verbrennungsmotors hinter mir gelassen. Das elektrische Fahrgefühl ist unvergleichlich. So muss Autofahren ursprünglich mal gemeint gewesen sein.

Als ich den Zero eine Woche später wieder abgebe und in meinen Berlingo klettere („Also, wir haben den Fehlerspeicher zurückgesetzt und der Fehler ist bislang nicht wieder aufgetreten.”), fühlt sich das Fahren mit Verbrennungsmotor nur noch seltsam an: Es ist laut, es vibriert alles, es stinkt. Ich frage mich, wie ich das all die Jahre als normal empfunden haben kann. Technik aus dem letzten Jahrtausend.

Die einzigen Fragen, die nun noch zu klären sind, haben mit Reichweite und Finanzierung zu tun.

Einen Monat später steht die ZOE vor der Tür.