ZOE auf der Alm

09.08.2015

ZOE beim Laden am Kuhstall

Achtung, seeehr viel Text!

Letztes Jahr haben wir uns für unsere Urlaubsfahrt in den Nationalpark Hohe Tauern in Osttirol noch einen Verbrenner von Freunden geliehen. Dieses Jahr wollte ich keine Kompromisse mehr eingehen und auch diese Fahrt mit unserer ZOE machen.

Gleich vorneweg: Alles hat viel besser geklappt als befürchtet und die ZOE hat sich in den Alpen hervorragend bewährt!

Reiseplanung Hinfahrt

Von Benthe bei Hannover nach Matrei in Osttirol sind es rund 850km.

Die Ladeinfrastruktur auf der Nord-Süd-Achse hat sich im letzten Jahr erfreulich verbessert. Trotzdem ist die Planung der Strecke mit den erforderlichen Ladehalten und Ladehalt-Alternativen(!) ein zeitaufwändiges Unterfangen. Eine große Hilfe bietet wie immer der Routenplaner des GoingElectric-Forums.

Ich plane konservativ mit üppigen Sicherheitsreserven, d.h., ich gebe die Reichweite meiner ZOE mit nur 130km vor. Tatsächlich schafft sie im Sommer bei gemäßigter Fahrweise (max. 100km/h auf Autobahnen) 150-160km. Aber ich fahre ja in Richtung Süden, da geht es bergauf. Also bin ich lieber etwas vorsichtiger.

Im Routenplaner gebe ich ferner die in meinem Besitz befindlichen Ladekarten und von mir nutzbaren Abrechnungsmöglichkeiten vor, so dass nur Ladestellen berücksichtigt werden, die ich auch tatsächlich nutzen kann. Dann schaue ich noch, an welchem Wochentag und zu welcher Tageszeit ich wo bin und setze für samstags und sonntags noch den 24/7-Filter.

Auf der Hinfahrt bin ich mit meiner Hündin allein. Meine Liebste hat beruflich noch anderswo zu tun und reist mit dem Zug an. Wir treffen uns dann erst am Urlaubsort. Ich will die Gelegenheit der Anreise nutzen, um noch eine Stippvisite bei Freunden in Bayern zu machen. Daher plane ich zwei Übernachtungen ein, obwohl die Strecke auch mit nur einer Übernachtung zu schaffen wäre. (Die Rückfahrt schaffen wir dann tatsächlich in nur zwei Tagen.)

Der Routenplaner ernüchtert mich zunächst mit der Mitteilung, dass mit meinen Vorgaben keine Ladeplanung möglich sei. Oh. Äh. Ich schaue mir die Strecke im Detail an. Aha. Grob gesagt: Zwischen Kassel und Schweinfurt klafft eine Ladelücke. Zum Glück gibt es einen privaten Ladepunkt in Fulda, den ich nutzen kann. Der Routenplaner kennt ihn aber nicht, so dass er ihn nicht berücksichtigen kann. Dies führt leider dazu, dass ich ihn und alle weiteren Ladepunkte auf der Strecke per Hand eingeben muss.

Schließlich und endlich steht die Strecken- und Ladeplanung:

Benthe - Matrei i.O.

A: Start Benthe bei Hannover
B: Schnelllader Am Kaufpark, Göttingen (43kW)
C: Schlosshotel Friedewald (22kW)
D: privater Ladepunkt, Künzell (22kW)
E: Geomaris Schwimmbad, Gerolzhofen (22kW) – 1. Übernachtung
F: Kapellenplatz, Feucht (22kW)
G: McDonald’s, Schweitenkirchen (22kW)
H: private Lademöglichkeit, Soyen (Schuko) – 2. Übernachtung
I: Parkhaus Fischergries, Kufstein (22kW)
J: Ankunft Matrei i.O.

Ob das alles so hinkommt? Nun, wir werden sehen.

Ladevorbereitung für Österreich

In Österreich werden wir ganz sicher in Kufstein und voraussichtlich sicherheitshalber auch in Mittersill und vielleicht nochmal bei einem Ausflug in Lienz öffentlich laden müssen. Dort gibt es überall SMATRICS-Ladestationen, die theoretisch mit einer deutschen TNM-Ladekarte im Roaming benutzt werden können. Leider scheint das nicht zuverlässig zu funktionieren, und die Ladestation in Kufstein z.B. taucht im TNM-Ladeverzeichnis gar nicht auf. Ich maile SMATRICS an und bitte um Vorschläge. SMATRICS bietet mir einen „Net Light” Tarif an, das ist eine Ladekarte, die 19,90 € kostet, einen Monat gültig ist, innerhalb dieses Monats aber Flatrate-Laden ermöglicht. Klingt nicht sooo schlecht. Aber jetzt kommt’s, Freunde: Es wird auch eine „Aktivierungsgebühr” fällig, in Höhe von nochmal 19,90 €. Insgesamt also 39,80 € für einen Monat Flatrate-Laden. Immer noch tragbar, wenn man viel fährt. Aber wir werden diese Karte voraussichtlich maximal 4 Mal benutzen und dabei nicht jedes Mal vollladen müssen.

Ich entscheide mich dennoch für den Erwerb dieser Karte. Nicht der Preis einer Ladung steht hier im Vordergrund, sondern die Sicherheit, überhaupt laden zu können. Das ist es mir dann im Urlaub Wert. Wird halt ein Mal weniger Essen gegangen und ein Mal mehr gekocht.

(Am Ende benutzen wir die SMATRICS-Karte sogar nur ganze 2 Mal, und für jeweils nur rund 50% Akkuladung. Das sind somit die teuersten Ladungen, die ich jemals vorgenommen habe.)

Ladekarten

Diese Ladekarten werde ich auf der Reise verwenden:

Ladekarten

EWE, TNM, SMATRICS und PlugSurfing-Schlüsselanhänger.

Mehr brauche ich nicht; etliche Ladestationen, die ich anfahre, lassen sich ganz ohne Aktivierung benutzen.

Hitzewelle

Pünktlich zum Reisebeginn am Samstag, dem 4. Juli 2015, bricht eine Hitzewelle über Deutschland herein. Für Süddeutschland werden Temperaturen bis 40°C vorhergesagt. Und wir müssen genau da durch. Puh. Gelobt und gepriesen seien die Erfinder der Klimaanlage! Trotzdem wird es ein Härtetest für Mensch, Tier und Technik.

Hält der Akku das durch? Immerhin wird er durch abwechselndes Fahren und Laden auf so langer Strecke so dauerbelastet wie noch nie, und das am oberen Ende seines Temperaturfensters.

Er hält. Es sind auch keine Reichweiteneinbußen zu verzeichnen. Beim Laden unterwegs wirft die ZOE allerdings alle verfügbaren Lüfter an, das ist schon eine ungewohnte Geräuschkulisse. Und die Rekuperationsleistung wird gedrosselt; teilweise werden nur noch einstellige kW-Werte beim Bremsen erreicht. Ansonsten gibt es keine hitzebedingten Probleme.

1. Reisetag

Abgesehen von der Hitze läuft am ersten Reisetag alles wie am Schnürchen. Wir – meine Labradorhündin und ich – brechen zu Hause gegen 7 Uhr auf.

Um 8:15 Uhr kommen wir mit 26% Rest am Schnelllader in Göttingen an. Er ist frei, funktioniert, und dank 43kW Ladeleistung ist unser Akku keine 30 Minuten später schon wieder auf 99%. Ach, gäbe es von diesen Schnellladern doch mehr! (Nun, wir arbeiten dran.)

Nächster Ladehalt ist die mir nun schon gut bekannte und sehr schöne Location am Schlosshotel Friedewald. Die vom R-Link berechnete „Schnellste Strecke” führt uns nur am Anfang und Ende dieses Abschnitts kurz über Autobahnen, ansonsten fahren wir die landschaftlich schöne B27. Kurz nach 10 Uhr kommen wir mit 33% in Friedewald an. Die Säule lässt sich, wie beim letzten Mal auch, mit meinem PlugSurfing-Schlüsselanhänger freischalten. Meine Hündin und ich verbringen die Ladepause im schattigen Schlosspark. 45 Minuten später brechen wir mit 95% zur nächsten Etappe auf.

Gut, dass es einen privaten DSN-Ladepunkt bei Forumsmitglied „lingley” in Künzell (Fulda) gibt! Er schließt eine wichtige Lücke, gerade am Wochenende. Andernfalls hätte das unsere Ladeplanung erheblich kompliziert. Ich freue mich darauf, ihn endlich kennen zu lernen. Der Empfang ist denn auch sehr herzlich und wir verbringen die Ladezeit bei entspanntem Plausch auf seiner Terasse. lingley hat seinen 22kW-Ladepunkt mit faszinierender Technik ausgestattet: Freigeschaltet wird der Ladeanschluss per Anruf; nach beendeter Ladung erfolgt ein Rückruf mit automatischer Ansage der geladenen kWh und der Höhe der erbetenen Stromspende. Außerdem kann man auf einer Internetseite sein Ladediagramm abrufen. Cool!

Da es von Friedewald bis Künzell nicht allzu weit ist, kommen wir mit satten 59% an. Das sieht nach nur halbstündiger Nachladung aus, aber Hundespaziergang und Terassengespräch dauern dann doch fast eine Stunde. Mit 99% starten wir bei 38°C gegen 12:45 Uhr zu unserer letzten Tagesetappe.

Schon gegen 14 Uhr kommen wir in Gerolzhofen an. 36% Rest ist auch wieder großzügig. Man sieht, ich habe wirklich sehr risikoarm geplant. Für unsere Übernachtung habe ich eine kleine Pension direkt gegenüber der Ladesäule am Geomaris Bad ausgesucht. Bei der Anfahrt fahren wir an der Säule vorbei. Der Parkplatz ist bei der Hitze natürlich rappelvoll und ich sehe einen Kangoo angeschlossen da stehen und laden. Ich beschließe, zu warten, bis das Bad schließt und dann spät abends oder sogar erst am Sonntag früh laden zu fahren.

Die Hitze beim Aussteigen trifft mich wie ein Hammer. Auch im Zimmer ist es sehr heiß und es kühlt nachts zwar draußen etwas ab, aber nicht drin. Meine arme Hündin hechelt die ganze Zeit und ich liege nackt auf dem Bett und döse. Richtig schlafen ist nicht drin. In Gedanken füge ich meiner Urlaubscheckliste einen Reiseventilator hinzu.

2. Reisetag

Nach unserem morgendlichen Hundegang fahre ich die ZOE Sonntag früh die paar Meter zur nun freien Ladesäule rüber und lasse sie laden, während ich in Ruhe frühstücke und dann packe. Fast zwei Stunden später ist sie immer noch mit Balancing beschäftigt und zeigt 99%. Viertel nach 8 breche ich das Balancing ab und wir starten in einen hoffentlich nicht mehr ganz so heißen Tag.

Gegen 9:45 kommen wir mit 23% in Feucht an. Auch diese Ladesäule ist frei und funktioniert. Ist ja nicht selbstverständlich und ich bin immer erleichtert, wenn ich diese Kombination irgendwo vorfinde. Meine Hündin und ich laufen ein paar Meter, um in den Schatten zu kommen und die Ladepause dort zu verdösen.

Warum stehen übrigens 99% aller Ladesäulen immer in der prallen Sonne??? Antwort: Weil sie von Leuten geplant werden, die selbst nicht dort laden (müssen). Anders kann ich mir das nicht erklären. Gut, dass sich die ZOE per Timer vorklimatisieren lässt. Das senkt die Innentemperatur doch ganz erheblich. Zieht aber zusätzlich Strom. Na gut, kostet hier ja nichts. Ein Schattenplatz wäre mir trotzdem lieber.

Eine knappe Stunde später geht es mit 99% weiter. Wahrscheinlich hätte ich hier eine Viertelstunde eher losfahren können, ZOE zeigte bestimmt schon seit 15 Minuten die 99% an – aber hey, ich habe Urlaub, und Zeit ist der wahre Luxus. Die Bank im Schatten war so angenehm…

Nächster geplanter Ladehalt ist eine Kombi-Ladesäule bei McDonald’s in Schweitenkirchen, direkt an der Autobahn. OK, das goldene M sehe ich, aber – hä? – wo ist denn die verflixte Einfahrt? Ist es die Hitze oder die total umständliche Verkehrsführung? Schließlich – von hinten durch die Brust etc. – komme ich doch irgendwie auf das Gelände vom Mäckes. Die Ladesäule ist nur über die McDrive-Zufahrt zu erreichen. Eine Ausschilderung wäre hier echt nicht schlecht.

Der Typ 2-Anschluss ist leider durch eine andere ZOE belegt. Ich luge durch’s Fenster auf deren Display: noch keine 70%. Hm. Das sind mindestens noch 20 Minuten. Und dann ist nicht gesagt, dass die Besitzer gleich kommen. Hm. Heiß hier. Voll hier. Ich konsultiere meinen Ladeplanungs-Zettel nach der hier vorgesehenen Alternative. Ein weiterer privater Ladepunkt in ca. 15km Entfernung. Ist mit unserer Restreichweite locker drin. Ich rufe da an – alles klar, wir können kommen! Prima. Adresse ins Navi eingeben und los.

Mir ist nicht wirklich bewusst, wo ich mich geografisch gerade befinde (ich verlasse mich immer voll auf das Navi), aber irgendwie kommt mir die Gegend, durch die ich nun abseits der Autobahn gelotst werde, doch vertraut vor. Ja und dann führt mich das Navi direkt an der Pension vorbei, in der wir traditionell früher immer übernachtet haben, wenn wir mit dem Verbrenner auf dieser Strecke in den Urlaub gefahren sind! Ha! Sehr witzig!

Der Ladepunkt, den ich nun ansteuere, befindet sich in Thalham/Attenkirchen, am Wochenendhaus eines sehr netten Paares, wie sich herausstellt. Das Örtchen ist idyllisch, ein Gartenparadies. Die Wege sind schmal und ein Mal muss ich umkehren, weil das R-Link eine Einbahnstraße in der falschen Richtung befahren möchte, aber schließlich finde ich es. Ein Hinweisschild erleichtert das Auffinden. Es ist 12:50 Uhr, als ich die ZOE mit 12% am Ladepunkt anschließe.

Wieder lerne ich nette und interessante Leute kennen und auch hier verplauschen wir die Ladezeit in angenehmster Weise auf der Terasse. Kurz nach 14 Uhr hat die ZOE schon wieder 99% – weiter geht’s zur letzten Etappe für heute.

Die Freunde, die ich besuchen will, wohnen in der Nähe von Soyen. Von Thalham aus führt mich das Navi nun wiederum abseits der Autobahnen durch das wunderschöne ländliche Bayern. Herrlich, mit der ZOE vollkommen entspannt in Ruhe da entlangzugleiten! Mit üppigen 53% komme ich am Nachmittag an. Genug gefahren für heute! Selbst der Tesla Roadster meiner Freunde lockt mich heute zu keiner Probefahrt mehr. Ein andermal gern. Über Nacht lädt die ZOE hier per Siemens-Notladekabel mit 13A an Schuko – laut Ladeprotokoll von 19 bis 2:40 Uhr auf 100%.

3. Reisetag

So weit, so gut, so easy. Nun kommt der spannende Teil der Tour: Hoch in die Alpen, über den Pass Thurn und die Felbertauern. Ich habe nur eine grobe Vorstellung, wieviel Strom die ZOE auf dieser Strecke berghoch zusätzlich verbrauchen wird und wieviel sie bergab eventuell wieder zurückgewinnen kann. Finden wir’s heraus!

Zunächst geht es von Soyen nach Kufstein. Auch wieder über Landstraßen durch schöne Gegend. Nur das letzte Stück ab Rosenheim fahren wir auf der A 93. Gegen 10:40 Uhr kommen wir mit unglaublichen 60% in Kufstein an. Die Ladestation befindet sich in einem Parkhaus, direkt rechts nach der Einfahrt. Erst fahre ich an den beiden Boxen vorbei und muss eine Ehrenrunde drehen. Aber dann erspähe ich sie. Könnten auch deutlicher ausgeschildert sein.

Die SMATRICS-Karte funktioniert (TNM probiere ich gar nicht erst aus) und während ZOE das erste Mal in Österreich lädt, machen wir einen schönen Hundespaziergang am Inn („Iller, Lech, Isar, Inn fließen rechts zur Donau hin!”).

Überraschung am Rande: Mein Handy roamt nicht! WTF? Ich hatte ca. einen Monat zuvor den Anbieter gewechselt, und offenbar hat der neue das Roaming (noch) nicht aktiviert! Ja super – meine Liebste wird sich wundern, wenn ich mich nicht melde, und wie sollen wir uns denn nun überhaupt koordinieren zwecks Treffpunkt und -zeit? Also – es gibt auch Probleme jenseits der Elektromobilität.

Um 11:20 Uhr ist die ZOE wieder auf 99% und wir brechen auf zum Abenteuerabschnitt unserer Reise. In Mittersill will ich nochmal nachladen, um ganz sicher über die Höhe zu kommen. Von Kufstein (Höhe ca. 500m) über Kitzbühel bis Mittersill (ca. 790m) sind es rund 65km, das sollte auf jeden Fall drin sein. Aber immerhin ist auf dem Weg der Pass Thurn zu überwinden (1.274m).

Na ja, was soll ich sagen – alles überhaupt kein Problem! Bergauf schwimmt die ZOE locker im Verkehr mit (70-80km/h), und nach dem Pass Thurn rekuperiert sie bergab eine um die andere kWh, dass es eine Freude ist! In Mittersill angekommen zeigt ZOE noch stolze 97km Restreichweite an!

Restreichweite in Mittersill

Das ist aber auch gut, denn als ich zur Ladesäule im M-Preis komme:

Ladesäule außer Betrieb

Ladesäule außer Betrieb” – genau das ist der Albtraum aller Elektromobilisten. Ich kann nicht mal die Hotline anrufen, denn mein Mobilfunk-Roaming funktioniert ja nicht…

Egal. Mit den satten 97km auf der Reichweitenanzeige sollten die restlichen 40km bis Matrei i.O. ohne Probleme zu schaffen sein, trotz der über 800 Höhenmeter, die wir bis zum Felbertauerntunnel-Ausgang (ca. 1.630m) noch erklimmen müssen. Danach geht es dann bis Matrei nur noch abwärts.

Alles klappt wunderbar. Bis zum Tunnel verbrät die ZOE zwar ordentlich kWh (Leistungsanzeige fast permanent über 30kW), aber danach rollen wir rekuperierend rund 15km nur bergab. In Matrei zeigt ZOE noch 69km Restreichweite an:

69km Restreichweite in Matrei

Hier mein Geschwindigkeits- und Höhenprofil der Strecke Kufstein – Matrei i.O.:

Streckenprofil Kufstein - Matrei i.O.

(Der Höhenwert ganz am Anfang ist Unsinn, Kufstein liegt auf ca. 500m. Das ist wohl ein Phantasiewert des GPS-Moduls, dem Parkhaus geschuldet. Die beiden Lücken sind der Halt in Mittersill (Parkebene M-Preis) und der Felbertauerntunnel, ebenfalls ohne Satellitensicht.)

Ankunft in Matrei i.O. mit noch 69km Rest. Wow. Das hätte ich nicht gedacht. Jetzt könnten wir glatt noch weiter fahren, bis zur nächsten öffentlichen Ladestation in Lienz (rund 28km). Das geht also locker mit der ZOE: in einem Rutsch von Kufstein bis Lienz. Gut zu wissen.

Aber das machen wir heute nicht. Trotzdem sind wir noch nicht ganz da, wo wir hinwollen. Denn wir haben eine Almhütte im Innergschlöß gemietet und müssen da wieder hoch. Wieder zurück bis fast zum Tunnel und dann zum schönsten Talschluss Österreichs abbiegen. Das sind nochmal rund 20km und über 700 Höhenmeter.

In Matrei hole ich jetzt nur den Schlüssel für die Hütte und eine RFID-Karte für „den Schranken”, denn der Weg ins Innergschlöß ist für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Von unseren Vermietern aus telefoniere ich endlich auch mit meiner Liebsten, die das letzte Stück mit dem Bus anreist. Alles gut, sie ist schon am Tauernhaus oben, wir verabreden unseren Treffpunkt. Ich will jetzt nur noch mal kurz nachladen, damit es nicht eng wird.

Matrei i.O. hat leider noch keine öffentliche Ladestation. Ich hatte im letzten Jahr Kontakt zum Tourismusverband Osttirol aufgenommen und auch sehr nette Mails zurückbekommen, aber getan hat sich leider gar nichts. Erstaunlich eigentlich, denn es gab damals eine Bis-zu-100%-Förderung der TIWAG/TINETZ zur Errichtung von Ladesäulen (max. 20.000,- €). Worauf will man da noch warten?

Aus dem GoingElectric-Stromtankstellenverzeichnis habe ich die Info, dass der Wirt der „Alten Mühle” in Matrei einen Kraftstromanschluss (CEE-Dose) zum Laden von Elektroautos zur Verfügung stellt. Daran kann ich die ZOE mit meiner mobilen Ladebox EVR3 anschließen. Dort fahre ich jetzt hin. Jedoch – ach, du ahnst es nicht! – es ist Montag, und Montag ist in der Mühle Ruhetag…

Na gut. Das allerletzte Stück schaffen wir auch noch so. Morgen kann ich mich ja wieder nach Matrei runterrollen lassen. Vorsichtig und relativ langsam (max. 70km/h) fahre ich wieder Richtung Tunnel hoch. Kurz vorher biege ich links zum Tauernhaus ab. Dran vorbei, durch „den Schranken” und noch 4km und 180 Höhenmeter auf schmalem Weg bis ins Innergschlöß. Mit einstelligem Akku-Prozentwert kommen wir an der Hütte an. Geschafft!

Almhütte im Innergschlöß

Große Begrüßung, unsere Hündin darf endlich raus und ZOE kommt in die Garage:

ZOE in der Almhütte

Brav gemacht, ZOE, ich bin stolz auf dich!

Laden im Urlaub

Unsere Almhütte hat keinen Stromanschluss. Sie hat ein kleines Solarpanel auf dem Dach und eine Autobatterie auf dem Dachboden – das reicht für die abendliche Beleuchtung in den Zimmern, aber für mehr auch nicht.

Am Tauernhaus weiter unten im Tal erspähe ich im Vorbeifahren in einer Werkstatt eine Kreissäge. Wo Kreissägen sind, ist auch Kraftstrom. Ich frage den Wirt und wir probieren meine mobile Ladebox an der entsprechenden CEE-(16-)Dose aus. Es funktioniert nicht. Jedesmal fliegt der FI, egal, ob ich 11 oder 10 oder 8kW an meiner Ladebox einstelle. Dann probieren wir es an einer anderen CEE-Dose in einem anderen Werkstattraum. Der FI fliegt hier nicht, aber ZOE sagt: „Batterieladung unmöglich”. Hmmm. Wir finden nicht heraus, warum es hier nicht funktionieren will. Schade, aber für mich nicht kritisch.

Im Innergschlöß gibt es eine Gaststätte (das „Venedigerhaus”) und einen Melkstall für die Kühe. Mit Elektroenergie versorgt werden sie durch ein eigenes kleines Wasserkraftwerk, kaum zu erkennen, wenn man nicht weiß, wo es ist.

Wasserkraftwerk im Innergschlöß

Die sehr nette Chefin vom Venedigerhaus erlaubt mir, an einer Außensteckdose (Schuko) zu laden. Prima! Aber als ich mein Siemens-Notladekabel da anschließe, besteht diese Dose den Test nicht. Das Haussymbol in meinem „Ladeziegel” leuchtet rot und es ist keine Ladung möglich. Da hat wohl jemand irgendwas in der Dose nicht richtig verdrahtet. (Ich mache die Wirtin darauf aufmerksam, nicht, dass da noch jemand zu Schaden kommt.) Hier geht es also schonmal nicht.

Ich schlendere zum Melkstall rüber und sehe: eine CEE-Dose und eine Schukodose. Aha! Mal den Kuhbauern fragen. Der kommt abends immer die Kälber versorgen, direkt neben unserer Hütte. Er sagt, klar, kein Problem, komm mal rüber mit deinem Ladegerät. Die CEE-Dose probiere ich nicht aus, mir reicht hier ja die Schuko zum Laden über Nacht. Wenn es denn funktioniert. Ich stecke den Siemens-Ladeziegel ein und … yep, alles grün, es tut! Wunderbar.

ZOE lädt am Kuhstall

Da wir ja hier nicht so viel herumfahren, nutze ich diese Möglichkeit letztlich nur drei Mal. Seltsamerweise gibt es einige Ladeabbrüche, nach denen die ZOE die Ladung nicht wieder neu startet. Sie bleibt einfach aus, obwohl Strom da ist und alle relevanten LEDs am Ziegel grün leuchten. Mache ich die Fahrertür auf, fängt sie wieder an zu laden. Hm. Auch hier bekomme ich nicht heraus, woran das liegen mag. Vielleicht verschluckt sich das kleine Wasserkraftwerk ab & zu mal?

Sichere Bank

Als zuverlässig nutzbar erweisen sich in unserem Urlaub nur zwei (nicht öffentliche) Lademöglichkeiten unten in Matrei: bei der schon erwähnten Alten Mühle und auf dem Simiterhof im Ortsteil Bichl, wo wir für unsere dritte Woche nochmal eine Ferienwohnung mieten. Es sind jeweils CEE-16-Dosen, an denen die ZOE mit 11kW in rund drei Stunden von leer auf voll geladen werden kann. Ich veranschlage pro Ladevorgang immer jeweils gut aufgerundete 5,- € und begleiche entsprechend. Außerdem essen und trinken wir bei jedem Ladevorgang in der Mühle auch gleich dort. (Naaa? Andere Wirtsleute, klingelt da was?) Vielen Dank nochmals an die Betreiber!

Nicht ohne meine Ladebox

Ohne eigene mobile Ladebox hätten wir im Urlaub hier nicht laden können. Damit wäre die Region als Urlaubsort für uns ausgeschieden. Letztes Jahr war es noch so, dass wir unbedingt hierher wollten, die elektrische Anreise aber noch für zu unsicher und umständlich hielten und uns lieber einen Verbrenner geliehen haben. Diese Unsicherheit haben wir dieses Jahr im Praxistest ausgeräumt. Künftig werden wir nur noch elektrisch reisen und unsere Urlaubsziele danach aussuchen, ob es vor Ort eine nutzbare Ladeinfrastruktur gibt. Die Verbrennerzeiten sind vorbei.

Ansätze

Verschiedene Leute, mit denen ich in Matrei spreche, sagen: Fahr doch mal zum Nationalpark-Haus, die haben da auch ein Elektroauto, das lädt da immer. Ich fahre hin, um es mir anzuschauen. Kein Elektroauto zu sehen, ist wohl gerade unterwegs. Der Ladepunkt stellt sich als zwei schlichte Schukodosen heraus. Über Nacht OK, aber für Durchreisende und zum Mal-eben-Zwischenladen leider ungeeignet. Das würde viel zu lange dauern. Und man braucht zum Laden an Schuko ein Notladekabel. Hat auch nicht jeder.

In Virgen (nächstgelegene Ortschaft) gibt es eine tolle Sache: das Virger Mobil. Das ist aktuell ein vollelektrischer Renault Kangoo, mit dem ehrenamtliche FahrerInnen Virger BürgerInnen im Gemeindegebiet chauffieren, für 1 Euro pro Fahrt. Tolle Initiative! Wo der wohl geladen wird? Ich rufe in der Gemeinde an. Das Virger Mobil wird in der öffentlichen Tiefgarage in der Ortsmitte geladen, an einer –angeblich– 11kW-Ladestation. Das schaue ich mir doch gleich mal an:

Virger Mobil

Sogar zwei Stellplätze sind reserviert, aber die Ladebox hat nur einen einzigen Anschluss, und sie ist mit einem Schlüsselschalter gesichert, also nicht öffentlich nutzbar. Wieso eigentlich nicht?

Wenn schon eine Ladebox installiert wird, warum dann nicht gleich eine mit mindestens 2 Anschlüssen – und einer davon 22kW? Der Kangoo kann eh nur einphasig mit max. 3,7kW laden, dafür reicht auch ein weniger leistungsfähiger Anschluss. Der 22kW-Anschluss wäre dann für die Öffentlichkeit verfügbar. E-Autos, die diese Ladeleistung abrufen können, sind daran in einer Stunde wieder aufgeladen. Virgen wird sofort zum attraktiven Fahrziel. Das wäre doch toll, oder?

Wenn ich dort hätte laden wollen/müssen, hätte meine nette Telefongesprächspartnerin etwas arrangiert, aber das wäre ein inoffizieller Ausnahmefall gewesen. Es gäbe ja keine Abrechnungsmöglichkeit. Aaah, immer diese Abrechnungsangst! Das scheint ein internationaler Virus zu sein. Liebe Bedenkenträger, die Stromkosten sind nun wirklich Peanuts! Wenn ihr mit einer öffentlichen Ladestation E-Touristen anlocken könnt, lassen die in ihrem Urlaub richtig Geld in der Region. Da fallen die paar € für Ladestrom doch überhaupt nicht ins Gewicht.

Plädoyer für E-Tourismus

Nur mal als Anhaltspunkt: Wir geben während unseres dreiwöchigen Urlaubs vor Ort ca. 2.000,- € aus, für Unterkunft, Gastronomie und diverse Einkäufe und kostenpflichtige Aktivitäten. Jetzt rechnen wir mal. Eine Vollladung sind bei der ZOE 22kWh. Die kWh kostet bei der TIWAG 15 ct. (Von solchen Strompreisen träumen wir in Deutschland.) Das sind also max. 3,30 € pro Vollladung. (Aber es wird ja nicht immer von ganz leer auf ganz voll geladen). Nehmen wir trotzdem an, wir würden jede Woche zwei Mal vollladen. Das reicht für über 300km die Woche. Sehr üppig, denn wir sind ja hier, um zu wandern und nicht, um herumzukutschieren. Aber mal angenommen. In 3 Wochen ergäben sich somit 19,80 € Ladekosten.

Also aus Gemeindesicht: Für max. 20,- € Strom verschenkt (= in E-Tourismus investiert), aber 2.000,- € hereingeholt. Von daher: Macht’s euch einfach – gebt den Strom kostenlos ab und verbucht ihn unter Werbekosten, einen besseren ROI gibt es kaum! Dann braucht eine Ladestation auch keine teure und fehleranfällige Abrechnungstechnik und die Handhabung wird barrierefrei.

Oder, wenn einem das nicht geheuer ist, investiert man halt in Abrechnungstechnik, aber für die Mehrkosten und Wartungskosten und Verwaltungskosten, die dafür anfallen, ließe sich auf Jahre hinaus der Strom auch kostenlos abgeben, ohne Stress für alle Beteiligten. Macht es einfach, einfach, einfach! Nur verrückte Early Adopters hantieren mit (teuren) eigenen mobilen Ladeboxen und diversen Adaptern und fragen beim Bauern, ob sie mal am Kraftstrom laden dürfen. Normale Leute brauchen einfache Lösungen: barrierefreie, verlässlich funktionierende Standardladesäulen ohne Schnickschnack. Keine Ladekarten, kein Schlüsselschalter – einfach das Ladekabel einstecken und gut.

Damit kein Missverständnis entsteht: Niemand will hier schnorren. Ich bezahle meinen Ladestrom, wo immer es geht. Wenn es auf Spendenbasis ist, runde ich großzügig auf. Aber wenn es halt nicht praktikabel ist, eine Spendenbox aufzustellen und die Kosten für Abrechnungstechnik und Abrechnung in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Kosten des abgerechneten Stroms stehen – dann kann es die beste Lösung sein, eine Ladestation als Werbeinvestition zu betrachten. Und zwar als eine, die sich lohnt.

Hab ich schon erwähnt, dass E-Touristen keinen Lärm machen und die Luft auch nicht verpesten? Für eine Nationalparkregion die ideale Zielgruppe.

So, Gebetsmühle wieder aus.

Elektrisches Fahren in den Bergen

Ich bin ja doch verblüfft. Mein Durchschnittsverbrauch in den Tiroler Bergen ist geringer als zu Hause im Flachland. Erwartet hätte ich leicht höhere Werte. Jetzt hab ich’s nicht ganz genau, weil ich leider vergessen habe, vor den Bergen meinen Bordcomputer zu resetten. Aber nach dem Urlaub war der angezeigte Durchschnittsverbrauch leicht geringer als vorher. 13,9 kWh/100km. Und da ist noch ein kleiner Rest Winter drin. Ich schiebe es mal auf meine entspannte Urlaubsfahrweise.

Bergauf zieht die ZOE ordentlich Leistung. 30-40kW sind da normal. Das schafft sie auch über längere Zeit und Strecke. Davon kann beim Bergabfahren natürlich nicht alles wieder rekuperiert werden, das ist ja ein verlustbehafteter Prozess. Beobachtet habe ich je nach Strecke permanente Rekuperationsleistungen zwischen 10 und 20kW, beim Bremsen noch mehr. Aber das kommt halt bergab zusätzlich wieder herein! Man verbraucht dann nicht nur nichts, sondern die Energie, die bei Verbrennern über die Bremsscheiben als Hitze verloren geht, wird beim Elektroauto zum guten Teil wiedergewonnen und in den Akku zurückgespeist. Sooo muss Technik!

Gerade in den Bergen sind Elektroautos also besonders effizient im Vergleich zu Verbrennern. Ich genieße das sehr – genau deshalb bin ich ja mit der ZOE hergefahren. Jede Bergabfahrt macht mein Lächeln immer noch breiter. Am Ende vom Urlaub passt es gar nicht mehr in den Rückspiegel. 😀

Rückfahrt

Irgendwann ist leider auch der schönste Urlaub zu Ende. Heul! Es ist sooo schön in Oschttirol! Aber willste machen, machste nix. Wir müssen.

Zurück fahren meine Liebste und ich zusammen mit der ZOE. Da nun auch kein Besuch bei Freunden zwischendurch ansteht, planen wir die Rückfahrt in nur 2 Tagen. Das haben wir früher zu Verbrennerzeiten auch so gehandhabt. 850km an einem Tag zu fahren ist nicht unser Ding. Viel zu stressig. Eine Übernachtung entspannt die Reise.

Hier die Strecken- und Ladeplanung für den Rückweg:

Streckenplan Matrei i.O. - Benthe

A: Start Matrei i.O.
B: Parkhaus Fischergries, Kufstein (22kW)
C: Am Bahnhof, 85774 Unterföhring (22kW)
D: Am Mühlbach, 85125 Kinding (22kW)
E: Hubmann-Parkplatz, 91074 Herzogenaurach (22kW) – Übernachtung
F: Röthleiner Weg, 97506 Grafenrheinfeld (22kW)
G: privater Ladepunkt, Künzell (22kW)
H: Schlosshotel Friedewald (22kW)
I: Schnelllader Am Kaufpark, Göttingen (43kW)
J: Ankunft Benthe bei Hannover

Ob das alles so hinkommt? Nun, wir werden sehen.

1. Rückreisetag

Samstag, 25. Juli 2015. ZOE konnte über Nacht an der CEE16 im Simiterhof in Ruhe auf 100% laden; wir stehen früh auf, packen unser Kram ins Auto, laden unsere Hündin ein und brechen gegen 8 Uhr auf. Es ist deutlich kühler und sogar etwas regnerisch geworden, die Wolken hängen so tief, dass wir auf dem Weg zum Felbertauerntunnel in ihnen verschwinden und nicht mal mehr einen kurzen Seitenblick ins Gschlößtal werfen können. Aber zum Fahren ist es viel angenehmer als die Hitze bei der Hinfahrt.

In Mittersill fahre ich kurz an die SMATRICS-Ladestation im M-Preis, um zu schauen, ob sie immer noch außer Betrieb ist. Nein, diesmal leuchtet sie grün und funktioniert wohl. Aber wir müssen hier jetzt noch nicht laden und fahren zügig weiter.

Erster Ladehalt ist Kufstein an schon bekannter Stelle. Da es in Summe effektiv bergab ging, kommen wir nach rund 105km Strecke um 9:50 Uhr mit 55% und 127km Rest an.

Display Ankunft Kufstein

Ich setze zum zweiten und letzten Mal die teure SMATRICS-Ladekarte ein. Wir gehen einen Kaffee trinken, lassen uns Zeit. Gegen 10:40 Uhr beende ich die Ladung. Höhö, ZOE zeigt eine Reichweite von 236km an!

236km Reichweite

Ab Kufstein ist erstmal stupides Autobahnfahren angesagt. Ich stelle den Tempopiloten auf 96km/h und lehne mich zurück. Wir haben Glück, kein Stau soweit. Nur in der Gegenrichtung. Wir hören LaBrassBanda – Kiah Royal.

Zum nächsten Ladehalt in Unterföhring führt uns das Navi trotz „Schnellste Strecke” praktisch quer durch München. Na vielleicht war der Autobahnring dicht. Egal. Die letzten Meter können wir der vorgegebenen Strecke nicht folgen – da ist ein Bauzaun quer über einen Verbindungsweg aufgestellt. Ich steige aus und gucke um die Ecke: Ah, da ist sie ja, die Ladesäule. Wir fahren ein Mal um den Pudding, um sie zu erreichen. Im GoingElectric-Verzeichnis ist sie mit einer Ladeleistung von 22kW angegeben, und auch auf der Säule selbst prangt ein Sticker mit dieser Leistungsangabe über dem linken Ladeanschluss. Aber als ich ZOE um 12:20 Uhr mit 46% anstöpsele, berechnet sie eine Restzeit von über 2 Stunden! Das kann nur heißen, die Säule gibt nur 11kW ab. Boah ey, wieso das denn, das nervt!

Nee, da lohnt es sich, zur geplanten Alternative zu fahren: zum P&R-Parkhaus in der Werner-Heisenberg-Allee in München, ca. 7km entfernt. Keine Viertelstunde später sind wir da und landen in einem Albtraum: Betonwüste. Es wird gebaut. Es herrscht ein irrer Lärm. Heftiger Wind weht. Die Ladestation befindet sich am abgelegenen Ende. Die Zufahrt ist mit einer abgeschlossenen Kette versperrt. Ein Schild fordert dazu auf, die Aufsicht zu bemühen, wenn man an die Säule ran will. Und wo ist die Aufsicht? Am anderen Ende, gut 150m entfernt. Ich latsche hin und bitte darum, an die Säule zu dürfen. Ein Aufsichtsmensch muss extra mitkommen und aufschließen. Ich frage ihn, wie oft er das denn so machen muss. Och, nicht oft, nur ein paar Mal im Monat. Hm. Er schließt die Kette auf, ich fahre die ZOE vor die Säule und stöpsele das Ladekabel an. Meine EWE-Karte wird akzeptiert, die Ladung beginnt um 12:51 Uhr bei 47%. Wir drehen eine Hunderunde, so gut das geht auf einer Baustelle. Getunte BMW dröhnen an uns vorbei. Wir kehren lieber wieder zur ZOE zurück. Blick auf’s Display: Wie jetzt – erst 60%? Und lädt nicht? Was ist das denn? Die Säule zeigt einen Ladefehler! Oh nein.

Ich beende die Ladung manuell an der ZOE, um den Ladestecker ziehen zu können. Auch aus der Säule stöpsele ich das Kabel aus; dazu muss ich nochmal meine Karte dranhalten. Immerhin, die Säule gibt das Kabel frei. Hab da auch schon von anderen Erlebnissen gelesen… Ich warte einige Sekunden, dann probiere ich den Ladeanschluss an der anderen Seite der Säule. Ladung beginnt… und bricht nach drei Prozent ab. Same procedure, ich versuche es nochmal an der anderen Seite. Ladung beginnt… und bricht ab. Nun wird es auch der ZOE zu viel, sie zeigt „Batterieladung unmöglich!” im Display. Ich fange ein wenig an zu schwitzen.

Woran liegt es – an der Säule oder an der ZOE? Im Geiste sehe ich mich schon die Assistance rufen, stundenlang hier in Wind und Lärm warten müssen, das Gepäck umpacken, die ganze Reiseplanung und meine Beziehung zum Teufel gehen. Ruhig, Brauner.

Noch ein Versuch. Jetzt geht gar nichts mehr, die Fehlermeldung in der ZOE geht nicht mehr weg. Tempopilot und Begrenzer sind auch ausgefallen. „Batterieladung unmöglich!” „Tempopilot prüfen!” „Begrenzer prüfen!” Moment mal, das kenne ich doch. Das hatte ich doch so schonmal in Wolfenbüttel. Ich habe es damals noch nach Hause geschafft. Am nächsten Tag war der Fehler weg. ZOE muss nur eine Viertelstunde schlafen dürfen, dann vergisst sie die Fehlermeldung. Das weiß ich aus dem Forum.

Ladestand? 66%. Ich zücke mein Handy. Wie weit ist es denn bis Schweitenkirchen? Bei Mäckes könnten wir erstmal was essen. Und vielleicht kriegt sich ZOE da auch wieder ein. 38km? Ja das schaffen wir doch locker! Mensch, da hätten wir auch gleich von Kufstein aus bis Schweitenkirchen durchfahren und uns diesen ganzen Driss hier ersparen können. Nun, beim nächsten Mal wissen wir Bescheid.

Kurz vor 14 Uhr erreichen wir die Kombi-Ladesäule am Mc in Schweitenkirchen, dieselbe, die auf der Hinfahrt belegt war. Jetzt ist sie erstaunlicherweise frei. Samstag Mittag! Aber wunderbar. Jetzt muss ZOE eine Viertelstunde Schlaf bekommen, damit sie sich ganz ausschaltet und alle Unbill vergisst. Während meine Liebste Proviant besorgt, checke ich die Bedienungsanleitung der Ladesäule. ZOE zeigt noch immer „Batterieladung unmöglich!” an. Ich grüble, ob man beim Warten auf den ZOE-Schlaf im Auto sitzen bleiben kann oder nicht. Vielleicht schläft sie ja nicht ein, so lange jemand drin sitzt? Wann beginnt die Viertelstunde? Ich weiß, dass nach einer Viertelstunde Display und Radio ausgehen, auch, wenn man drin sitzt. Aber ist das schon DIE Viertelstunde? Oder beginnt die erst danach?

Wir lassen es einfach drauf ankommen, setzen uns zum Essen in den Wagen, warten. Nach 15 Minuten macht es Klack! und das Display geht aus. OK. Ich steige aus, stöpsele das Ladekabel ein, schalte mit meiner TNM-Karte die Säule frei und starte die Ladung. ZOE zeigt „Prüfung läuft…” (immerhin!) und dann: Pieeeep! Sie lädt, sie lädt! Und normal schnell! Alle Fehlermeldungen sind weg. Puh. Pöhse pöhse Ladesäule in München! Da fahrn wir nie mehr hin!

ZOE in Schweitenkirchen
Warten auf den ZOE-Schlaf in Schweitenkirchen. Links blockiert ein Verbrenner den 2. Ladeplatz.

Da es bis zum nächsten geplanten Ladehalt in Kinding nicht mehr weit ist, beenden wir die Ladung bei 75% und fahren um 15 Uhr weiter. Diese ganze Aktion hat uns ziemlich Zeit gekostet. Und Nerven. Aber sowas kann halt passieren.

Die Autobahn ist nun ziemlich voll und ein paar Mal geht es nur zäh voran. Nach 65km erreichen wir gegen 15:50 Uhr mit 30% die Ladesäule in Kinding. Sehr nettes kleines Örtchen. An der Säule ist schon ein roter Audi eingesteckt und lädt. Wir hängen uns an die andere Seite dazu. Die Säule muss nicht freigeschaltet werden, einfach Kabel einstecken und die Ladung beginnt. Wir machen derweil einen schönen Hundespaziergang.

Laden in Kinding

Gegen 16:40 Uhr beende ich die Ladung bei 97%. Auf zur letzten Tagesetappe!

Bis Herzogenaurach sind es rund 90km. Wir übernachten hier in einer kleinen Pension am Ortsrand. Nach dem Einchecken versorgen wir erstmal unsere Hündin, die nach ihrem abendlichen Napf direkt in Schlaf fällt. Es ist so einfach, mit ihr zu reisen! Wir können sie unbesorgt schlafen lassen und fahren zum Laden und zum Essen in die Stadtmitte. Die Ladesäule befindet sich auf einem Parkplatz. Samstag Abend muss man da kein Parkticket mehr lösen. Gegen 18:50 Uhr starte ich die Ladung bei 30%. Wir suchen uns eine Gaststätte in der Nähe und holen die ZOE eine Stunde später mit 99% wieder ab. Zurück zur Pension, unsere Hündin schnarcht, wir auch bald.

2. Rückreisetag

Wir schlafen aus und fahren erst kurz nach 9 Uhr in Herzogenaurach los. Ich überschlage Fahrt- und Ladezeiten und schätze, dass wir so gegen 18 Uhr zu Hause sein werden – wenn alles so funktioniert, wie es soll.

Erster Ladehalt ist in Grafenrheinfeld, ca. 100km entfernt, da, wo in der Nähe das kürzlich abgeschaltete Kernkraftwerk steht. Das Navi lotst uns über Bundesstraßen und noch kleinere Wege, dass ich schon zweifle, ob ich die Koordinaten richtig eingegeben habe. Habe ich aber, und um 10:20 Uhr erreichen wir mit 35% die Ladesäule. Sie befindet sich am Rande eines Gewerbegebietes auf dem Besucherparkplatz der FIS GmbH, einer SAP-Consulting-Firma.

Ladesäule in Grafenrheinfeld

Als wir so durch das Gewerbegebiet fahren, denke ich, bäh, schon wieder Gewerbegebiet. Aber dann erwartet uns doch eine sehr angenehme Überraschung. Der Eingangsbereich der Firma, auf deren Parkplatz die Ladesäule steht, ist ein architektonisches Kleinod. Ein kleiner ovaler Platz mit hellen Steinplatten, etlichen Sitzgelegenheiten, einem Baum in der Mitte und zum Eingang hin führt ein breiter Steg über einen kleinen Teich mit glasklarem Wasser und Seerosen! Sehr ästhetisch. Hier möchte ich auch gern arbeiten.

Da Sonntag ist, sind wir hier weit und breit die Einzigen. Unsere wasseraffine Hündin gönnt sich sofort ein Bad. Ich hoffe, das geht in Ordnung.

Eingangsbereich FIS

Gleich nebenan befindet sich eine große Wiese, auf der wir später noch Ballspiele mit ihr machen. Ansonsten verbringen wir die Ladeweile sehr entspannt bei Wasserplätschern auf den Bänken in der Sonne.

Kurz nach 11 Uhr ist ZOE wieder auf 99% und wir fahren weiter.

Der zweite Ladepunkt heute ist schon wieder bei lingley in Künzell. Um 12:15 Uhr kommen wir mit 34% dort an. Diesmal brauchen wir hier nur wenig nachzuladen, denn die nächste Ladepause wollen wir im Schlosshotel Friedewald machen und dort zu Mittag essen, das sind nur rund 50km. Um 12:40 Uhr beenden wir daher die Ladung bei 70%. Weiter geht’s, quer durch die schöne Rhön.

Ankunft am Schlosshotel Friedewald mit 39% um 13:30 Uhr. Das wird hier noch eine unserer Stammladestellen. Wir lassen uns Zeit mit dem Mittagessen, laufen dann noch eine Runde durch den Schlosspark und brechen erst um 15:10 Uhr (mit 99%) wieder auf. Das ist entspanntes Reisen, sehr angenehm. (Wieder keine Fotos gemacht!)

Nächster und letzter heutiger Ladehalt ist wieder der Schnelllader Am Kaufpark in Göttingen, den wir gegen 16:30 Uhr mit 47% erreichen. Es ist Sonntag, und der Parkplatz ist voll. Nanu? Auf einem der beiden E-Parkplätze steht natürlich ein Verbrenner. Der andere ist frei, aber direkt gegenüber steht ein VW-Bus quer, so dass wir nur höchst unelegant einparken könnten. Die Fahrerin sitzt drin und ich frage höflich, ob sie mal ein Stück vorfahren könne, denn wir müssten da (zeig) rein. Ihre Antwort: „Da dürfen aber nur Elektroautos!” Holla! Das ist ja vorbildlich! Ich lächle ihr zu: „Ganz genau. Wir dürfen.” Sie macht Platz, wir parken ein.

Jetzt bin ich mal gespannt. Im Forum war zu lesen, dass der Lader eine Woche vorher Probleme machte und zeitweise kein Anschluss funktionierte. Ich schließe das Ladekabel an die ZOE an und starte am Display der Säule die 43kW-Ladung. Uuuund? Uff, es funktioniert. Dankedankedanke.

ZOE wirft bei dieser Ladeleistung gleich ihre Akkulüfter an. Wir bleiben im Wagen, dauert ja nicht lange. Während wir da sitzen, nehmen wir erst richtig wahr, in was wir hier hineingeraten sind. An der Straße vor dem Parkplatz stehen hunderte Leute, fast alle filmen mit ihren Handys. Auf der Straße dröhnen in unregelmäßigen Abständen aufgemotzte Verbrenner vorbei: Vrooom Vrooom Uiiiik Vrooom Vrooom! Was ist denn hier los? Wir sitzen wie im Autokino und betrachten uns das Spektakel. Ein Blick in eine vollkommen andere Welt. In eine sehr spezielle Welt. Irgendwelche Absperrungen oder Ordnungskräfte sind nicht zu entdecken. Eine offizielle Rallye oder so scheint das nicht zu sein. Da dröhnbeschleunigen und kreischbremsen einfach irgendwelche Freaks mit ihren getunten Verbrennerkarren auf öffentlichen Straßen rum und werden von anderen Freaks dabei gefilmt. Wir sind hier irgendwie fehl am Platz mit unserem leisen und sauberen Elektroauto.

20 Minuten später haben wir 97%. Das reicht bis nach Hause. Ich beende die Ladung und wir schleichen uns lautlos mit der ZOE vom Platz. Ich fühle mich, als würden wir gleich mit Eiern und Tomaten beworfen. (Passiert nicht.) Na das war ja was.

So, letzter Ritt! Wir nehmen ab Höhe Northeim die Bundesstraße über Einbeck und kommen gegen 18:30 Uhr zu Hause an. Eine halbe Stunde später als am Morgen von mir geschätzt, aber wir haben uns ja auch in Friedewald eine ausgiebige Mittagspause gegönnt. Super, hat heute alles prima geklappt.

Fazit

Urlaubsreisen mit der ZOE? Geht wunderbar. Der entschleunigte Rhythmus von abwechselnd eine/anderthalb Stunden Fahren und dann eine halbe bis eine Stunde Laden in Verbindung mit gemütlichen Geschwindigkeiten und Fahrten abseits der Autobahnen hat sogar meiner Liebsten gefallen. Der Partner Acceptance Factor ist auf dieser Reise signifikant gestiegen. Trotz der Ladewidrigkeit in München. Das finde ich richtig gut. 🙂

Meine konservative Ladeplanung führte fast immer zu großzügigen ungenutzten Reserven. Mit mehr Risikofreude hätten die Ladezeiten noch deutlich verkürzt oder die gefahrenen Streckenabschnitte verlängert werden können. Das hätte die Reisezeit nochmal verringert. Aber wenn dann Ladesäulen nicht funktionieren oder zugeparkt sind…

Wir brauchen noch viel mehr Ladesäulen, vor allem Schnelllader an den Autobahnen, und zwar redundant.

Urlaubsorte sollten öffentliche Lademöglichkeiten schaffen. Sehr bald. Sonst wandert eine attraktive Zielgruppe ab oder kommt gar nicht erst.

Elektroautos sind in den Bergen super effizient. Alpen? Kein Problem! Vorsicht, das Dauerlächeln macht Falten.

Fahren wir nächstes Jahr wieder elektrisch in den Urlaub? Is Paris ne Stadt?