Nach 5 Jahren trenne ich mich von meiner ZOE Bj. 2013 und lease eine neue – mit doppelter Reichweite und stärkerem Motor. Ist das noch Vernunft oder bin ich schon verrückt?
Kleine Typenkunde
Meine alte ZOE Bj. 2013 ist eine Q210. Q für „quick“ – das bezieht sich auf die schnelle AC-Lademöglichkeit dieses Modells: 43kW AC sind möglich. 210 steht für die angebliche Reichweite von 210km nach dem Phantasiezyklus NEFZ. Der Motor für dieses Modell kommt von Continental. Der Akku hat eine nutzbare Kapazität von 21kWh.
Ab 2015 produziert Renault ZOEs mit einem selbst entwickelten Motor. Diese Modelle werden als R240 bezeichnet. R wie Renault-Motor. 240 für die angeblich etwas gesteigerte NEFZ-Reichweite. Die maximale Ladeleistung wird auf 22kW AC reduziert. Die nutzbare Akku-Kapazität beträgt ca. 22kWh.
2017 kommt die nächste Motoren- und Akku-Generation: Doppelte Akku-Kapazität (41kWh bei gleichen Abmessungen und fast gleichem Gewicht) ermöglicht doppelte Reichweite: 300km real (im Sommer).
Die Typenbezeichnungen für diese Modelle heißen R90 und Q90. Die 90 steht vermutlich für die rund 90PS (68 bzw. 65kW) Spitzenleistung. Das R-Modell (Renault-Motor) hat eine max. Ladeleistung von 22kW. Das Q-Modell (Conti-Motor) kann wieder quick chargen mit 43kW AC, was sich in der Praxis auf ca. 35kW unter Idealbedingungen relativiert. Die Q90 wird in Deutschland nicht offiziell angeboten.
2018 bringt Renault das Modell R110 heraus. Es hat auch den 41kWh-Akku und einen etwas stärkeren Motor (ca. 110PS = 80kW Spitzenleistung). Die max. Ladeleistung beträgt 22kW AC.
Die Modelle mit 41kWh-Akku bezeichnet Renault auch als Z.E. 40 und sie tragen einen entsprechenden Schriftzug am Heck (siehe Beitragsbild oben).
Nach diesem kleinen Ausflug in die kreative Welt der Typenbezeichnungen aber nun zum eigentlichen Thema.
Verrückt sein – das fetzt!
Eigentlich will ich meine alte ZOE ja weiterfahren, bis sie auseinanderfällt. Wobei sich die Frage stellt, wann das sein wird. Die nächste Reparatur kann schnell sehr sehr teuer werden, ich sag nur: Inverter/Gleichrichter. Nochmal kann ich nicht mit so großzügiger Kulanz rechnen. Hm.
Letztes Jahr bot Renault ein Akku-Upgrade an. Mit stolzem Preis (4.800,- €), sehr begrenztem Kontingent und offenbar Schwierigkeiten, selbst diese paar Akkus ausliefern zu können. Ich hatte mich dagegen entschieden und gar nicht erst einen bestellt. Es war mir schlicht zu teuer für den Komfortgewinn. Aber 300km Reichweite wär schon was. Hm.
Neulich, kurz vor Weihnachten, telefoniere ich mit meinem Steuerberater. Er fragt, ob ich noch zufrieden mit meinem Elektroauto sei. Bin ich. Wir fachsimpeln ein wenig. Dann meint er: Nach 5 Jahren wäre es ja nun abgeschrieben und ich könne mich doch mal nach was neuem umschauen. Zum Jahresende hin gäbe es meist attraktive Leasingkonditionen. Hm.
Was tut sich denn da plötzlich für ein Türchen auf?
Über Leasing habe ich noch nie nachgedacht. Die alte ZOE ist importiert gekauft und bar bezahlt. Aber es scheint für Gewerbetreibende wie mich ziemlich günstig zu sein, ein Auto zu leasen. Ich höre mich mal ein wenig um.
Alles ZOE oder was?
Die erste Frage, die ich mir stelle, ist: Was soll es denn werden, wenn…? Natürlich ein E-Auto, ihr Schelme, was denkt ihr denn – aber was für eins? Ein bisschen Auswahl ist ja inzwischen gegeben. Budget habe ich wie immer keins, aber es gibt auch noch andere Kriterien, die die Auswahl für mich und mein Fahrprofil schnell einschränken.
Ich will vor allem deutlich mehr Reichweite und an den üblichen AC-Ladesäulen in kurzer Zeit (Einkauf, Gaststättenbesuch…) nennenswert Reichweite nachladen können. Häufig ist das Laden an Supermärkten etc. noch kostenlos, das läppert sich.
Was soll ich sagen, da bleibt in meiner Preisklasse schon wieder nur die ZOE übrig. 22kW AC-Ladeleistung bietet sonst aktuell nur noch Smart (aufpreispflichtig), dann folgt Tesla mit 16,5kW, danach eine ganze Weile nix und dann die ganzen Schnarchlader, mit denen es sich gar nicht lohnt, am Supermarkt das Ladekabel rauszukramen.
Smart fällt wegen Unansehnlichkeit und Platzmangels raus und Tesla wegen finanziellen Suizids. (Schön, dieser altmodische Genitiv, nicht wahr? Die Frage lautet halt immer noch: „weswegen“ und nicht „wemwegen“. 😉 )
Mit der 300km-Reichweite einer aktuellen ZOE können wir über 90% unserer Fahrten ohne Zwischenladung unterwegs absolvieren. Der 22kW-AC-Lader ermöglicht dann hinreichend schnelles Laden am Zielort, auch, wenn wir uns da nur ein paar Stunden aufhalten. AC-Ladesäulen gibt es mittlerweile ja doch in fast jedem Kaff (außer Ronnenberg, sorry, musste sein). Wer braucht da CCS? (OK, darüber unterhalten wir uns in ein paar Jahren nochmal.)
Und im Urlaub? Nach 300km eine zweistündige Pause zu machen, erscheint erstmal wieder blöd. Aber das brauchen wir dann nur noch ein Mal im Jahr. Und dann haben wir Zeit, denn es ist ja Urlaub! 🙂
Ja, aber werden wir die 43kW-AC-Ladefähigkeit der Q210 nicht vermissen? Offenbar nicht sehr oft, wenn wir nur noch ein Mal im Jahr überhaupt nennenswert zwischenladen müssen. Außerdem: Größerer Akku heißt auch weniger oft laden müssen, was wiederum bedeutet, weniger Ladestationen ansteuern zu müssen – was wiederum die Wahrscheinlichkeit, auf eine defekte, zugeparkte oder besetzte Ladesäule zu treffen, reduziert.
Rede ich es mir hier schön? Sollte ich je was anderes zu diesem Thema geschrieben haben, gilt natürlich: „Was schert mich mein Geschwätz von gestern?“. 😉
Und überhaupt: Ohne ZOE kein ZOE-Blog! Wollt ihr das? Siehste!
Ein Angebot, das ich nicht ausschlagen kann
Kurz und gut: Ich bekomme mehrere sehr gute Angebote für ein Kilometerleasing und stelle folgende Überlegung und Rechnung an:
Geleast wird eine ZOE Z.E.40 Limited R110. Großer Akku, im Limited-Paket ist der stärkere Motor enthalten.
Mit dem Umweltbonus des BAFA in Höhe von 2.000,- € und der Inzahlungnahme meiner alten Q210 für 8.500,- € als Leasingsonderzahlung (insgesamt 10.500,- € brutto) zahle ich für eine Laufzeit von 48 Monaten bei 12.500km im Jahr eine monatliche Leasingrate von 59,24 €.
Krass Alder, oder?
Inkludiert sind: eine Garantieverlängerung, die die Gesamtlaufzeit abdeckt, Ganzjahresreifen und eine Mittelarmlehne, auf die ich ungern verzichten will.
Verzichten muss ich leider auf die von der Q210 gewohnte Rückfahrkamera, dazu müsste ich noch ein Extra-Paket buchen (mit Sitzheizung), aber irgendwo muss auch wieder Schluss sein. Parkpiepser sind drin, und damit komme ich klar. Es wird meinem Nacken guttun, mal wieder ein paar Dehnungsübungen beim Rückwärtsfahren zu machen.
Damit der BAFA-Förderbetrag in die Sonderzahlung einfließen kann, unterzeichne ich eine Abtretungserklärung zugunsten des Händlers. Ich muss den BAFA-Antrag nicht einmal selbst stellen, wird alles für mich erledigt. Klasse Service.
Die Batterie wird wieder gemietet (für jetzt 89,- €/Monat), weil aus unerfindlichen Gründen die Summe aus Leasingrate und Batteriemiete deutlich geringer ausfällt als die Leasingrate für eine ZOE mit Kaufakku. Außerdem erschließt sich mir der Sinn eines Kaufakkus bei einem Kilometerleasing nicht so recht. Last not least müsste ich auf eine ZOE mit Kaufakku ein halbes Jahr warten. Die Mietakku-ZOE steht schon beim Händler auf dem Hof. 🙂
Jetzt nur mal zum Vergleichen und wundern:
Das Akku-Upgrade für die Q210 hätte 4.800,- € gekostet. Für 4 Jahre Leasing einer brandneuen ZOE R110 mit 41kWh-Akku zahle ich jetzt rund 2.880,- €. Für ein Rundum-Sorglos-Paket.
Ja OK, nach den 4 Jahren gebe ich die R110 ab und habe: nix. Aber wieviel wird wohl die Q210 in 4 Jahren noch wert sein, wenn die ganzen neuen E-Modelle auf dem Markt sind? Auch nicht viel mehr als nix. Insofern…
Natürlich könnte ich für die alte ZOE mehr bekommen, wenn ich sie selbst verkaufe. Jedoch: Verkaufe ich sie als Gewerbetreibender, muss ich MwSt. abführen und Gewährleistung geben. Will ich sie privat verkaufen, um die Gewährleistung ausschließen zu können, muss ich sie zunächst aus dem Betriebsvermögen herauslösen. Alles zu viel Driss. So gebe ich sie beim Freundlichen ab und gut is. Ich muss nicht mal die zahlreichen Sticker abmachen. Passt für mich.
Ich glaube auch, so viel wie jetzt gerade wird es für eine gebrauchte Q210 von 2013 mit 64.000km auf der Uhr nie mehr geben. Der Zeitpunkt zum Wechsel scheint also genau richtig.
0,5%
Noch ein Schmankerl für Gewerbetreibende: Für die private Nutzung eines elektrischen Dienstwagens (sog. geldwerter Vorteil aus der Dienstwagengestellung) sind normalerweise 1% des Bruttolistenpreises (abzüglich eines pauschalen Abschlags je nach Kapazität des Fahrakkus) anzusetzen.
Für Anschaffungen nach dem 31. Dezember 2018 und vor dem 1. Januar 2022 gilt: Der Listenpreis ist nur noch zur Hälfte anzusetzen, allerdings ohne Abschlag für den Akku. Der monatliche geldwerte Vorteil beträgt damit 0,5% vom Bruttolistenpreis.
(Quelle: Elektrofahrzeuge: Neues zum geldwerten Vorteil)
ZOE Z.E.40 Limited R110
Wofür steht eigentlich das „Limited“? Vielleicht für die auf 22kW limitierte Ladeleistung…?
Na egal.
Kurz vor Weihnachten unterzeichne ich die verbindliche Bestellung und in der zweiten Januarwoche 2019 hole ich die neue ZOE beim Händler ab. Ganz unspektakulär.
Die Abwicklung beim Händler ist vorbildlich. Da ich mein Kennzeichen behalten will, bringe ich die Q210 an einem Tag hin, bekomme kostenlos eine Leih-ZOE und hole am nächsten Tag meine fix und fertig zugelassene neue R110 ab. Einfacher geht es nicht. So muss Service. Dankeschön!
Witzig finde ich, dass die neue praktisch genauso aussieht wie die alte. Gleiche Farbe, keine äußeren Veränderungen, außer dem Z.E. 40-Schildchen hinten und den Limited-Schildchen an den Seiten. Auch das Kennzeichen ist unverändert. OK, andere Felgen. Und die Rhombe ist nicht mehr blau, sondern Chrom. Aber es merkt kaum jemand, dass da plötzlich eine neue ZOE bei uns vor der Tür steht. Ich finde das extrem cool – diese Art von understatement bereitet mir Vergnügen. 😉
Sehr bequem finde ich es, dass mir in der neuen ZOE sofort ohne irgendeine Art Umgewöhnung alles vertraut ist und sie sich genau so fahren lässt, wie ich es gewohnt bin.
Moment mal. Nicht ganz genau so.
Was ist anders?
5 Jahre Entwicklung haben offenbar doch die eine oder andere Verbesserung gebracht.
Schon beim Einsteigen und Türenschließen merke ich: Dieses Modell ist besser gedämmt. Das Schließgeräusch ist dezenter und satter, nicht mehr so offenkundig blechern wie das der Türen der alten ZOE.
Sofort ins Auge springt mir natürlich die Reichweitenanzeige. 281km stehen da, im Winter bei 4°C Außentemperatur. Das ist optimistisch. Ich werde sehen, wie es sich beim Fahren in der nächsten Zeit einpegelt.
(Wonach riechen neue Autos eigentlich? Ziemlich penetrant und sicher nicht wirklich gesund. Hoffentlich verfliegt das bald.)
Auf der Nach-Hause-Fahrt mache ich erste Erfahrungen mit dem Handling der R110.
Außengeräusche werden noch besser gedämpft, dadurch ist das Fahrgeräusch, das im Innenraum ankommt, nochmal deutlich leiser. Sehr schön. Ich liebe das. Es kann gar nicht ruhig genug sein.
Sehr schnell wird es kuschelig warm und bleibt es auch. Die bessere Dämmung ist auch hier zu spüren und senkt hoffentlich den Energieverbrauch der Wärmepumpe auf längeren Fahrten. Ich werde das beobachten.
Von den 12kW Mehrleistung des R110-Motors bemerke ich auf der 50km-Heimfahrt nichts. Das kann aber auch daran liegen, dass das Strompedal etwas anders eingestellt ist als bei der Q210. Es scheint eine andere Leistungskurve hinterlegt zu sein. Die muss ich erst neu erfühlen.
Das R-Link-System heißt jetzt mit Nachnamen „Evolution“ und kann DAB+ empfangen. Sehr cool, da meine unterwegs meist gehörten Radiosender nun auch digital empfangbar sind. Das UKW-Krächzen bei schwachem Signal hat ein Ende.
Ich könnte mein Handy nun per Android Auto mit dem R-Link verbinden. Mache ich aber nicht, ne, Google, alter Datensammler? 😉
Die Mittelarmlehne ist jetzt nicht mehr am Boden angeschraubt, sondern an der Rückenlehne des Fahrersitzes befestigt. So bleibt unten mehr Ablageplatz. Als ich sie das erste Mal öffne, bin ich leicht frustriert: Wo sind die Steckplätze für Münzgeld geblieben, und warum gibt es keine Klemme mehr für die Ladekarten? Nachdem ich einige Sekunden draufgestarrt habe, geht mir auf, dass für Münzen nun eine kleine horizontale Ablagefläche vorgesehen ist, mit Anti-Rutsch.
Das finde ich tatsächlich besser, denn für mich ist es einfacher, die Münzen da aufzunehmen als sie aus den Schlitzen der alten Halterung herauszupfriemeln. Von einer Klemme für Karten allerdings keine Spur mehr. Na gut, dann bringe ich die Ladekarten halt woanders unter. Irgendwann wird es hoffentlich nur noch eine einzige sein.
Online-Schnickschnack
Die Anmeldung für die Online-Services Z.E. Connect und Z.E. Interactive klappt noch nicht am Zulassungstag. Das Zulassungsdatum wird nicht akzeptiert, offenbar brauchen die Renault-Server wieder etwas Bedenkzeit. Zwei Tage später funktioniert es aber ohne Probleme. Ich habe die alte ZOE schon einen Tag vor Abgabe aus meinem MyRenault-Account entfernt. Jetzt füge ich die neue hinzu, gebe FIN und Freischaltcode ein und kann sofort auf die Services zugreifen. Ladestand, Ladehistorie, Fernbedienung von Vorklimatisierung und Ladeplaner, alles da. Gut.
Versicherung
ZOEs mit Mietakku müssen immer vollkaskoversichert sein. Erfreulicherweise ist die neue R110 rund 50,-€ günstiger im Tarif als die alte Q210 und ich zahle nun für Haftpflicht, Schutzbrief und Vollkasko bei jeweils 20% Beitragssatz insgesamt nur noch 282,60 € im Jahr. LVM, wen es interessiert.
Soweit erstmal dazu. Mein Fazit: Alles richtig gemacht. 🙂
Weitere Berichte über die neue ZOE folgen. Stay tuned!